Es ist wohl inzwiÂschen allÂgemein bekannt, die EnerÂgieÂwende wird immer mehr zu einer wirtÂschaftÂlichen KataÂstrophe. Sie ist zu einer UmverÂteilung von unten nach oben mutiert. Die gesteckten Ziele wurden nicht erreicht. Fossile BrennÂstoffe wurden nicht einÂgeÂspart. Die ErzeuÂgungsÂkosten des Ă–koÂstroms sind weit höher als die der konÂvenÂtioÂnellen KraftÂwerke ohne jede AusÂsicht, dass sich dies ändern könnte. FĂĽr WenÂdeÂstrom werden nach Angaben aus dem BunÂdesÂumÂweltÂmiÂnisÂterium fĂĽr die gleiche Menge neunmal mehr ArbeitsÂkräfte einÂgeÂsetzt als fĂĽr Strom aus BraunÂkohÂleÂkraftÂwerken. Die mit der zunehÂmenden EinÂspeisung von Ă–koÂstrom steiÂgenden StromÂpreise verÂtreiben immer mehr IndusÂtrieÂbeÂtriebe aus Deutschland. Trotz dieser ErkenntÂnisse will die BunÂdesÂreÂgierung an dem Ziel festÂhalten, Deutschland minÂdestens mit 80 Prozent Ă–koÂstrom zu VerÂsorgen. Ist dies techÂnisch ĂĽberÂhaupt fĂĽr ein IndusÂtrieland möglich?
(Von Hans Kolpak)
ForÂderung an die Stromversorgung
Wir erwarten und brauchen jederzeit Strom, wenn wir den Schalter umlegen. Doch es soll nicht nur Strom flieĂźen. Der Strom muss stabil sein. Die Spannung darf nur um wenige Prozent schwanken und die FreÂquenz von 50 Hertz (Hz = Schwingungen/Sekunde) muss stabil sein. Diese AnforÂdeÂrungen sind auĂźerÂorÂdentlich schwer zu erfĂĽllen, denn der Strom muss immer in dem AugenÂblick erzeugt werden, in dem er auch verÂbraucht wird. Das Stromnetz ist also kein Teich, indem man Strom lagern kann, sondern lediglich ein TransÂportÂmittel ohne jede SpeiÂcherÂkaÂpaÂzität. Ein staÂbiles Stromnetz ist nur möglich, wenn RegelÂkraftÂwerke ständig bereitÂstehen, um bei Bedarf zusätzÂlichen Strom in das Netz zu oder bei MinÂderÂanÂforÂdeÂrungen die StromÂmengen zu verÂringern. Weiter mĂĽssen alle StromÂerzeuger nicht nur mit der gleichen FreÂquenz, sondern auch mit der gleichen PhaÂsenlage in das Netz einÂspeisen. Sonst gibt es WelÂlenÂsalat und das Netz bricht zusammen.
Zur ErläuÂterung: In unserem Stromnetz wechselt die Spannung 50 Mal je Sekunde zwiÂschen Plus und Minus. Jeder StromÂerzeuger muss auf die MilÂliÂseÂkunde genau seinen Strom auf die maximale Plus- und MinusÂspannung des Netzes einregeln.
Wir haben zu viel Ă–kostrom
InzwiÂschen sind in Deutschland mehr als 30.000 WindÂgeÂneÂraÂtoren und einige 100.000 SolarÂstromÂanÂlagen mit einer GesamtÂleistung von 100.000 Megawatt instalÂliert. Der LeisÂtungsÂbedarf schwankt je nach Wochentag und Tageszeit zwiÂschen 40.000 und 85.000 Megawatt. Wenn der Wind weht und die Sonne scheint, gibt es immer häuÂfiger mehr Strom aus Ă–koÂanÂlagen als ĂĽberÂhaupt gebraucht wird. Dies ist kein gröÂĂźeres techÂniÂsches Problem. Es können einfach Anlagen abgeÂschaltet werden. WirtÂschaftlich ist es allerÂdings eine schlimme Sache. Nach dem ErneuÂerÂbaren-Energien-Gesetz (EEG) erhält der Betreiber dann eine EntÂschäÂdigung fĂĽr das Abschalten der Anlagen in Höhe von 90 Prozent der EEG-VerÂgĂĽÂtungsÂkosten fĂĽr den nicht benöÂtigten und nicht gelieÂferten Strom. Der Bäcker, der zu viele Brötchen gebacken hat, bleibt dagegen auf seiner Ware ohne EntÂschäÂdigung sitzen.
Wir haben zu wenig Ă–kostrom
Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, fällt die Leistung der Ă–koÂstromÂanÂlagen auf Null. Auch eine VerÂdreiÂfaÂchung der Anlagen, wie sie von der BunÂdesÂreÂgierung geplant ist, ändert hieran nichts. Denn eine noch so hohe Leistung mulÂtiÂpliÂziert mit Null ergibt Null. Die preisÂwerten und verÂlässÂlichen Kohle‑, Kern- und GasÂkraftÂwerke mĂĽssen dann einÂspringen. Das Anfahren der WärÂmeÂkraftÂwerke dauert jedoch Stunden bis Tage. Um bei Bedarf sofort Strom liefern zu können, mĂĽssen die KraftÂwerke betriebsÂbereit gehalten werden. Das kostet BrennÂstoff und Arbeitszeit ohne Stromproduktion.
Keine sinnÂvollen Speicher in Sicht
Nach den VorÂstelÂlungen der EnerÂgieÂwender soll der ĂśberÂschuss aus den Ă–koÂstrom-Anlagen, den es bei Starkwind und SonÂnenÂschein gibt, gespeiÂchert werden und in FlauÂteÂzeiten wieder in das Netz abgeÂgeben werden. Doch dies bleibt fĂĽr die nächsten JahrÂzehnte ein frommer Wunsch. Nach den derÂzeiÂtigen KenntÂnissen lässt sich Strom in gröÂĂźeren Mengen nur indirekt als potenÂtielle oder cheÂmisch gebundene Energie speiÂchern, also in WasÂserÂspeiÂchern, DruckÂluftÂkaÂvernen, BatÂterien oder als Methan aus WasÂserÂstoff. Doch die Speicher reichen bei Weitem nicht aus, um die StromÂverÂsorgung in FlauÂteÂzeiten zu gewährleisten.
Nur Methan könnte man in ausÂreiÂchender Menge in GasÂkaÂvernen einÂlagern. Doch diese MögÂlichkeit scheidet wegen der geringen EffiÂzienz aus. Die Erzeugung von WasÂserÂstoff durch ElekÂtrolyse, die Umwandlung in Methan, die DruckÂspeiÂcherung in Kavernen und die RĂĽckÂwandlung in Strom verÂschlingen bis zu 90 Prozent des einÂgeÂsetzten Stromes. Es mĂĽsste also zehnmal mehr Strom erzeugt werden als in der Flaute benötigt wird.
DarĂĽber hinaus ist das SpeiÂchern sehr teuer. Am gĂĽnsÂtigsten sind PumpÂspeiÂcherÂwerke. Werden sie täglich zur AbdeÂckung der SpitÂzenlast genutzt, kostet der SpeiÂcherÂstrom knapp 20 Cent pro KiloÂwattÂstunde (kWh). Er steigt aber schnell ĂĽber einen Euro, wenn der SpeiÂcherÂstrom nur an wenigen Tagen des Jahres in das Netz gedrĂĽckt wird. Grund sind die hohen InvesÂtiÂtiÂonsÂkosten fĂĽr Speicher. Ă„hnÂliche Kosten haben die DruckÂluftÂspeicher. BatÂterien sind deutlich teurer. Hier muss auch geprĂĽft werden, ob auf der Welt ĂĽberÂhaupt ausÂreiÂchend Metalle fĂĽr den Bedarf in Deutschland zur VerÂfĂĽgung stehen. FĂĽr den WeltÂbedarf reicht es mit Sicherheit nicht. Zur SpeiÂcherung als Methan mĂĽssen fĂĽr die Erzeugung von WasÂserÂstoff und die anschlieÂĂźende Umwandlung in Methan riesige cheÂmische Anlagen gebaut werden, die nur wenige Stunden im Jahr genutzt werden, nämlich nur, wenn der Wind stark bläst und die Sonne scheint. FĂĽr diese Zeiten mĂĽssen die Anlagen ständig betriebsÂbereit gehalten werden.
NetzÂstaÂbiÂlität nur mit minÂdestens 45 Prozent Kraftwerksstrom
Unser Stromnetz hat einen internen Speicher, der kurzÂfristige SchwanÂkungen zwiÂschen EinÂspeisung und VerÂbrauch aufÂfängt. Es sind die rieÂsigen rotieÂrenden SchwungÂmassen von vielen tausend Tonnen der TurÂbinen und GeneÂraÂtoren, die Strom in den Dampf- und GasÂkraftÂwerken erzeugen und die ĂĽber das Netz synÂchroÂniÂsiert sind. Die RotaÂtiÂonsÂenÂergie wird als MomenÂtÂanÂreÂserve bezeichnet. Wird mehr Energie gefordert als einÂgeÂspeist, so geben die rotieÂrenden Massen Strom an das Netz ab unter leichter Absenkung der FreÂquenz. Dies ist ein Signal, mehr Dampf einÂzuÂspeisen, um die GeneÂraÂtorÂleistung zu erhöhen. Im umgeÂkehrten Fall wird durch weniger Dampf die GeneÂraÂtorÂleistung verÂmindert, um eine zu hohe FreÂquenz wieder abzuÂsenken. So staÂbiÂliÂsieren die groĂźen KraftÂwerke die Netzfrequenz.
An dieser NetzÂfreÂquenz können sich die kleinen Ă–koÂstromÂanÂlagen ausÂrichten, um ihren Strom dann synÂchron, also mit der gleichen FreÂquenz und PhaÂsenlage, in das Netz einÂzuÂspeisen. Ohne diese RichtÂfreÂquenz und nur mit den kleinen Ă–koÂstromÂanÂlagen kommt es sehr schnell zu einem ZusamÂmenÂbruch des Netzes, weil eine vollÂkommen synÂchrone EinÂspeisung nicht gelingt, da die Leistung der Wind- und SolarÂanÂlagen stark schwankt und ständig nachÂgeÂregelt werden muss. Eine hunÂdertÂproÂzentige VerÂsorgung mit Ă–koÂstrom dĂĽrfte nach dem heuÂtigen Stand der Technik nicht möglich sein. Es gibt zwar einige VorÂstelÂlungen, wie ein solches Netz staÂbiÂliÂsiert werden könnte. Dazu mĂĽssten aber erhebÂliche InvesÂtiÂtionen erfolgen, die den StromÂpreis weiter kräftig in die Höhe treiben.
Nach den KenntÂnissen und ErfahÂrungen der FachÂleute vom StromÂverÂbrauÂcherÂschutz NAEB, die ĂĽber JahrÂzehnte erfolgÂreich in der StromÂverÂsorgung tätig waren, mĂĽssen minÂdestens 45 Prozent unseres Stromes in GroĂźÂkraftÂwerken mit den entÂspreÂchenden SchwungÂmassen erzeugt werden, wenn das Netz stabil gehalten werden soll. Diese Grenze wird bereits jetzt bei Starkwind und SonÂnenÂschein immer wieder erreicht oder sogar unterÂschritten. NetzÂzuÂsamÂmenÂbrĂĽche erfolgten bisher nicht dank des EuroÂpäiÂschen VerÂbundÂnetzes, durch das das deutsche Netz stabil gehalten wurde, denn unsere NachÂbarÂländer haben kaum Ă–kostromanlagen.
Wir haben inzwiÂschen die techÂniÂschen Grenzen fĂĽr Ă–koÂstrom erreicht. 30 Prozent Ă–koÂstrom kann unser Netz noch verÂkraften. Doch darĂĽber hinaus wird es proÂbleÂmaÂtisch. Es wird Zeit, dass sich die Regierung und die ParÂteien darĂĽber klar werden. Die utoÂpiÂschen Ziele der sogeÂnannten EnerÂgieÂwende sind nicht zu erreichen. Jeder weitere Ausbau von Ă–koÂstromÂanÂlagen fĂĽhrt nur zu noch höheren StromÂkosten, weiÂterer ZerÂstörung der Umwelt und Verlust von ArbeitsÂplätzen durch AbwanÂderung der Industrie.
