Progressive Menschen sind Konservative, deren Heimat die permanente Dissidenz gegenüber den geistigen Verfallserscheinungen ihrer Zeit ist, formulierte Christian Felsner. Was aber, wenn Ultrakonservative aus vormodernen Gewaltkulturen in Massen einströmen und die ehemals Progressiven derart degenerierten, dass sie sich zusammen mit diesen Reaktionären respektive Regressiven gegen das eigene Volk wenden, um einen neuen Totalitarismus zu erschaffen, wie ihn die Welt noch nicht gesehen?
Die verkümmerte Neophilie des Konservativen
Der Konservative will das Erreichte bewahren und verhält sich allem Neuen gegenüber, auch dem besseren und höheren Neuen, feindlich, mindestens aber sehr reserviert, trägt gegenüber dem Neuen von vorneherein Ressentiments in sich, ja sieht dieses a priori zunächst mal als Bedrohung an. Sein Grunddogma lautet: „Das haben wir immer schon so gemacht“, womit er zum Ausdruck bringen möchte: Und genau so sollten wir es auch weitermachen und ja möglichst wenig ändern. Damit negiert er genau das, was ihn selbst erst hervorgebracht hat: die Entwicklung, die Evolution.
Er negiert quasi seine eigene Mutter, die ihm überhaupt erst das Leben schenkte, und meint, diese habe fortan kein Existenzrecht mehr, mindestens aber muss ihre Macht radikal gebrochen werden. Denn der Homo sapiens ist nichts anderes als das höchst unwahrscheinliche Resultat einer über Milliarden Jahre währenden stetigen Höherentwicklung von der unbelebten Materie über die Urzelle, die ersten Vielzeller, Pflanzen, die ersten Tiere hin zum komplexesten solchen: dem Menschen.
Und auch in der Menschheitsgeschichte sehen wir eine stete Höherentwicklung von den Frühformen der Horde über die Entstehung von Kultur bis hin zur Hoch- und Schriftkultur usw. Dabei ist die kulturelle Evolution nur eine Fortsetzung der physikalischen (Entstehung und Entwicklung des Universums) und der biologischen solchen (Entstehung und Entwicklung des Lebens) mit anderen Mitteln, die den ganzen Entwicklungsprozess, der zuvor unendlich langsam vonstatten ging, nun ungeheuer beschleunigt und in der technischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte seine Spitze findet.
Der altbackenste, phantasieloseste und langweiligste Mensch der Welt
All das, abgesehen von der technischen Entwicklung, will der Konservative, der sein eigenes zufälliges So-sein zum absoluten Maßstab machten möchte, bei sich stoppen und meint in grenzenloser Selbstüberschätzung, er selbst wäre nun der Höhepunkt der Entwicklung. Ab jetzt könne es kein Höher und Über mehr geben, außer eben vielleicht in der Technik, um sich das Leben immer bequemer und komfortabler zu gestalten. Was steckt hinter dieser verkümmerten Neophilie, dieser verkümmerten Liebe zum Neuen, Besseren? Dahinter steckt wohl in erster Linie Bequemlichkeit – Bequemlichkeit und extreme Ich-Zentrierung. Der Konservative will sich selbst und sein erreichtes Level zum absoluten Maßstab machen, womit er seiner eigenen Mutter, die ihn überhaupt erst hervorbrachte, der Evolution ein Ende setzen möchte.
In seiner Entstehung als politische Weltanschauung war der Konservatismus antiaufklärerisch und gegen die Französische Revolution, gegen den Liberalismus gerichtet. Er wurde getragen vom Adel, Klerus und den Fürsten gegen die Stände, gegen die Bürger. Und er bekämpfte von Anfang an den Rationalismus der Aufklärung, also genau den Seelenteil, der den Menschen gerade erst als das besondere Tier auszeichnet: den Logos, das Denkvermögen.
Eine starke Relativierung der Vernunft, wenn nicht heftige Ressentiments dieser gegenüber kennzeichnen den Konservativen, der sich gerne auf ein „Walten der göttlichen Vorsehung in der Geschichte“ und „die Einsicht in die Unzulänglichkeit der menschlichen Vernunft“ beruft, worin er der islamischen Weltanschauungslehre und deren Anhänger zum Verblüffen ähnelt, wobei diese jenes Postulat noch weiter treiben und den Menschen generell zum Knecht eines imaginierten „höheren“, in Wahrheit eines primitiven Wesens zu degradieren trachten. Der Konservative ist im Grunde der altbackenste, phantasieloseste und langweiligste Mensch, den man sich überhaupt nur vorstellen kann.
Drei Dinge, die den Konservativen positiv auszeichnen
Drei Dinge heben den Konservativen aktuell jedoch positiv hervor. Erstens hat der Konservative deutlicher als die meisten erkannt, was die originäre und primäre Aufgabe eines jeden Staates, genauer der Staatsgewalt ist: die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit seiner Staatsbürger. Angesichts der enormen Bedrohungslage, in welcher Westeuropa und ganz besonders Deutschland sich befinden, ein Punkt, der gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
Zweitens sind Konservative im Gegensatz zu Sozialisten grundsätzlich fähig, a) etwas aus eigener Kraft aufzubauen und b) das zu bewahren und zu beschützen. Das ist alles andere als trivial, wie auch der Entwicklungsorientierte zugestehen muss.
Drittens sind es ausgerechnet die deutschen respektive europäischen Konservativen, die den Ultrakonservativen aus dem Morgenland noch am ehesten etwas entgegenzusetzen haben. Jene wollen quasi ihren Konservatismus, das, was sie halt kennen und lieb gewonnen haben – zu mehr Phantasie reicht es eben nicht -, dem noch extremeren und vor allem völlig rückständigen eingewanderten Konservatismus gegenüber verteidigen.
Die (Pseudo-)Liberalen, deren Aufgabe es eigentlich wäre, die freiheitlich-demokratische Welt vor diesem reaktionären Ultrakonsvervatismus zu schützen, versagen hier auf ganzer Linie. In Wahrheit handelt es sich nicht um Liberale, sondern personifizierte Luschen-(Liberale). Im Vergleich zu ihnen erscheinen die Konservativen, diese Langweiler vor dem Herrn, derzeit als das geringere Übel.
Der Zerstörungsdrang des neuen Linken
Sie rührt daher, weil er die ganze Welt mit einem unsäglich primitiven Mechanismus betrachtet und zwar nur in diesem: Er sieht überall nur Klassenfeinde, Imperialisten und Unterdrücker, die es zu bekämpfen, und Unterdrückte, die es zu befreien gilt, die aber in Wahrheit zumeist gar nicht befreit werden wollen, sondern ihrerseits andere unterdrücken wollen, die gar keine Subjektmenschen werden wollen, sondern für immer im Objektmodus (Knechte) verhaftet bleiben möchten und auch alle anderen in diesen Modus zurückstoßen und darin für immer gefangen halten wollen.
Der neue Linke schlägt sich im Kampf gegen die einheimischen Konservativen, die Deutschland bewahren und schützen wollen, auf die Seite der fremden reaktionären Ultrakonservativen, die sich in ihren geistig-kulturellen Entwicklung noch dazu auf weit (!) niedrigerem Niveau befinden. Daher schürt er regelrecht die Massenimmigration aus vormodernen Gewaltkulturen, um dem nationalen Konservatismus den endgültigen Todesstoß zu versetzen, dabei nicht sehend, dass dies auch der Todesstoß für all das sein wird, wofür der Linke ursprünglich stand.
Der neue Linke will die heimischen Konservativen mit aller Macht bekämpfen, weil er das eigene kulturelle So-sein nicht nur als Durchgangsstadium ansieht, welchem bereits ein relativ hohes Level zugestanden wird und welches als ideales Basislager für einen weitere Besteigung des Berges des Unwahrscheinlichen dienen kann, sondern weil er das bereits Erreichte durchweg oder zumindest weitestgehend negiert und verurteilt, weil er es zerstören, weil er es vernichten will. Und um dieser Vernichtung und Zerstörung willen ist ihm jedes Mittel recht und er versucht die eigene verachtete Kultur mit solchen zu fluten, die ihrerseits ultrakonservativ sind, weil er in ihnen Verbündete sieht im Kampf gegen die hiesigen Konservativen.
Alles in allem ist der neue Linke das wohl widerlichste unter der Sonne in deutschen Landen. Er ist zum Verräter geworden an allem, was ihm heilig sein sollte: an der Aufklärung, an der Emanzipation, der Autonomie, der Mündigkeit, der Selbstbestimmung und Befreiung der Bürger von Herrschaft und Unterdrückung – das macht er jetzt ja selber. Dies spüren immer mehr Menschen, daher auch der unfassbare Absturz der SPD. Man kann nur hoffen, dass den Grünen und der Linkspartei (SED, PDS, DIE LINKE) möglichst bald ähnliches widerfährt.
Aber gibt es denn gar keine echten Progressiven, die sich selbst nicht als die Krone der Entwicklung ansehen, die nicht vollends dem Postulat der Faulheit und Bequemlichkeit anheim gefallen sind und für alle Zeiten so bleiben wollen, wie sie eben gerade sind, Entwicklungsorientierte, die das schon Erreichte in seinen positiven Ausformungen wertschätzen, bewahren und beschützen wollen, darin ein Basislager für den weiteren Aufstieg zu sehen imstande sind und es in seinen negativen Ausformungen aber überwinden und weiterentwickeln wollen? Doch die gibt es. Fünf oder sechs auf diesem Planeten, vielleicht auch sieben. Der Rest ist unendliche Öde.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem sehr empfehlenswerten Blog von Jürgen Fritz — juergenfritz.com