Staats­rechtler rät öffentlich zum Putsch

Nach den geschei­terten Jamaika-Ver­hand­lungen haben die Merkel-treuen Medien viel Energie auf­ge­wendet, um aus dem Ver­sagen der Kanz­lerin bei ihrem Versuch, eine Regierung zu bilden, eine Staats­krise herbeizuschreiben.

Dabei sind wir von einer Regie­rungs­krise weit ent­fernt. Merkel könnte einfach zurück­treten und den Weg frei machen für neue Ver­hand­lungen oder für Neu­wahlen. Letztere fürchtet Merkels Par­teien-Kartell mehr, als der Teufel das Weih­wasser. Obwohl fleißig sug­ge­riert wird, die Mehrheit der Wähler wolle keine Neu­wahlen oder es würde nach einem neuen Urnengang wieder ein ganz ähn­liches Ergebnis her­aus­kommen, ahnen alle Betei­ligten, dass es einen Erd­rutsch geben könnte. Mit einer Alter­native zu Merkels Union könnten die Wähler den Befrei­ungs­schlag führen, zu dem die Politik nicht mehr fähig ist.

Die Gefahr wird offen­sichtlich als so groß ein­ge­schätzt, dass der Staats­rechtler Ulrich Battis jetzt öffentlich im Staatsfunk ZDF zum vor­beu­genden Putsch rät. Natürlich nennt er es nicht so. Er lässt es wie eine Erzie­hungs­maß­nahme für vier „unge­zogene Kinder“ aussehen.

Die Rolle des Put­schisten soll Bun­des­prä­sident Stein­meier übernehmen.

Theo­re­tisch könnte der die Union in eine Min­der­heits­re­gierung zwingen, indem er die Bitte von Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel nach Neu­wahlen ablehnt. Dann hätte die Partei mit den meisten Stimmen auto­ma­tisch den Regierungsauftrag.

Damit die neue Min­der­heits­re­gierung ihre Gesetze durch­bringen kann, sollte Stein­meier gleich­zeitig den Bun­destag teil­weise ent­machten. Möglich wäre das mit Hilfe des Artikels 81 des Grund­ge­setzes. Dieser Artikel legt fest, dass im Falle eines „Gesetz­ge­bungs­not­stands“, die Bun­des­re­gierung mit Zustimmung des Bun­des­prä­si­denten ein­zelne Gesetze beschließen und dem Bun­desrat vor­legen, also die Gesetz­ge­bungs-Kom­petenz vom Bun­destag über­nehmen kann. Nachdem der Bun­destag in den ver­gan­genen Legis­la­tur­pe­rioden schon längst zum Abnick­organ von Regie­rungs­vor­lagen degra­diert wurde, soll er nun ganz aus­ge­schaltet werden. Ein Schelm, wer da an Ermäch­tigung denkt?

Es gibt aktuell keinen Not­stand, der dieses Vor­gehen recht­fer­tigen würde. Im Gegenteil. Das Par­lament, bei dem die Gesetz­ge­bungs-Kom­petenz liegt, was dem Staats­rechtler Battis nicht klar zu sein scheint, könnte dann ohne Regie­rungs­vor­gaben endlich wieder zu seiner im Grund­gesetz ver­an­kerten eigent­lichen Aufgabe, der Gesetz­gebung, zurück­finden. Aber genau das scheint die wahre Angst des Poli­tik­kar­tells zu sein.

Vera Lengsfeld / vera-lengfeld.de