Die Talkrunde bei Illner - Bild: Screenshot YouTube

Emo­tionen statt Mathe bei Maybritt Illner

Vor­gestern Abend habe ich den Fehler gemacht, mir die Talkshow „maybrit illner“ anzu­sehen. Im Brennglas bekam ich dort erneut prä­sen­tiert, woran es bei uns mangelt. Beim Thema „Europas Zukunft unbe­zahlbar?“ zeigten deutsche Poli­tiker und das joh­lende Publikum erneut, was zählt: Emo­tionen. Mathe­matik spielt keine Rolle.
Die Akteure im Ranking ihrer Sub­stanz (auf­steigend):
  • Marie Rosen­kranz, „Euro­pa­wis­sen­schaft­lerin“ beim „European Demo­cracy Lab“ durfte in einer Neben­rolle emo­ti­ons­be­laden daran Appel­lieren „Europa für die nächste Gene­ration“ zu erhalten. Es war ein Statement, welches zu 100% aus Emotion und zu Null Prozent aus Inhalt bestand. Damit fasste die „Wis­sen­schaft­lerin“ die Lage im Land zusammen. 
  • Katarina Barley, SPD und Jus­tiz­mi­nis­terin. Hat hart mit Rosen­kranz um den letzten Platz im Inhalts­ranking gekämpft. Kam bei Inhalten so ins schleudern, dass sie stam­melte. Auch für sie geht es nicht um die harten Zahlen und Fakten, sondern „um Europa“. Weshalb es einen Wider­spruch gibt zwi­schen „Europa“ und einer sach­lichen Lösung der Euro­krise, hat sich nicht erklärt. Dass die Deut­schen viel ärmer sind, als jene, die wir retten sollen, wurde auch nicht erwähnt. Dabei ist die SPD doch sonst gegen die Umber­teilung von unten nach oben? Emotion:95%. Da sie ein „Profi“ ist, ist das eigentlich der letzte Platz.
  • Das Stu­dio­pu­blikum, war ganz auf der emo­tio­nalen Seite. Wer will denn nicht Frieden, Ver­stän­digung und gute Exporte?Emotion: 80%.
  • Markus Söder, kann das Spiel natürlich. Er brachte ein paar Fakten, setzte aber mehr auf die Rolle als jener, der sicher­stellt, dass die Deut­schen nicht für alle bezahlen. Außerdem brachte er das Thema der Zuwan­derung und der Ereig­nisse in Ell­wangen, die ver­mutlich die Zuschauer gestern Abend mehr inter­es­siert hätten. Emotion: 70%
  • Thomas Fricke, bekannt von Spiegel Online. Natürlich hat er mehr die Rolle des Fak­ten­mannes gespielt. Dabei aber mit Bildern von Finanz­krisen gespielt, die nur durch deutsche Soli­da­rität zu ver­hindern seien. Auch hat er die Idee des „Euro­ge­winners“ Deutschland weiter bedient und wider bes­seren Wissens behauptet, wir sollten wie die USA einen Trans­fer­me­cha­nismus eta­blieren. Er kennt doch die IWF-Studien, die zeigen, dass es eben nicht geht! Emotion 50%.
  • Otto Fricke, Haus­halts­experte der FDP gab sich reichlich Mühe die Fakten zu erklären. Und bewies damit, weshalb es bei uns nicht geht! Selbst als er auf die Tat­sache verwies, dass die Griechen sich selbst ein Ren­ten­niveau von 30% über dem uns­rigen geneh­migten und nun wollen, dass wir es bezahlen, gab es erheb­lichen Gegenwind. Leicht konnten die anderen ihn in die Ecke des kalt­her­zigen Euro­pa­gegners stellen. Gerade Barley wirkte immer so, als wäre sie den Tränen nahe. Emotion 20%.
  • Anne-Marie Des­cotes, fran­zö­sische Bot­schaf­terin mit per­fektem Deutsch saß da und freute sich. Live und in Farbe bekam sie erneut die Mit­tel­mä­ßigkeit der deut­schen Politik vor­ge­führt. Kühl und stra­te­gisch konnte sie damit die fran­zö­sische Linie ver­treten und sicherlich mit Freude erkennen, wie die emo­tionale Kam­pagne ihres Chefs aufgeht. Emotion 5%.  Sie schaffte es, ein freund­liches Poker­ge­sicht zu bewahren!
 Oh man. Wenn wir nicht endlich Poli­tiker bekommen, die auch rechnen können, statt Emo­tionen zu schüren und zu bedienen, muss dieses Land vor die Wand fahren.

Maybritt Illner: „IMF warns of con­tagion risks from a global pro­perty slump“, 3. Mai 2018


Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com