Laut einem Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages hätten die aus Österreich kommenden Flüchtlinge im Herbst 2015 abgewiesen werden müssen. Die Bundesregierung handelte offenbar ohne Rechtsgrundlage.
(Von Michael Müller)
Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben ein Gutachten zur Flüchtlingskrise im Herbst 2015 erstellt. Demnach hat die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel bis heute nicht erklärt, auf welcher Rechtsgrundlage sie damals die Entscheidung für den Zuzug von hunderttausenden Migranten traf.
Nach Ansicht der Juristen des Parlaments hätte möglicherweise das Parlament darüber abstimmen müssen. Der Gesetzgeber sei nämlich verpflichtet, „in grundlegenden normativen Bereichen […] alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen“, zitiert die WELT aus dem Gutachten.
Die zur Neutralität verpflichteten Wissenschaftler verweisen sie auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Familiennachzug. Demnach entscheidet das Parlament, „ob und bei welchem Anteil Nichtdeutscher an der Gesamtbevölkerung die Zuwanderung von Ausländern ins Bundesgebiet begrenzt wird“.
Demnach hätte das Parlament sehr wohl über den Massenzuzug entscheiden müssen. Doch dies ist nie geschehen. Tatsächlich war die Grenzöffnung für Flüchtlinge am 4. September 2015 von Angela Merkel lediglich nach Rücksprache mit einzelnen Ministern erfolgt. Und auch im Nachhinein hat das Parlament nie darüber abgestimmt.
Flüchtlinge hätten im Herbst 2015 abgewiesen werden müssen
Zudem stellen die Juristen fest, dass die Bundesregierung noch immer keine Angaben über die rechtliche Grundlage ihrer Entscheidung gemacht hat. Denn eigentlich hätten die aus dem sicheren Drittstaat Österreich kommenden Flüchtlinge an der Grenze abgewiesen werden müssen.
Zwar hätte das Innenministerium eine Ausnahme von dieser „Pflicht zur Einreiseverweigerung“ anordnen können. Doch eine solche Anordnung hat es nie gegeben. Zwar hätte die Regierung Migranten unter Berufung auf das sogenannte „Selbsteintrittsrecht“ aufnehmen können. Doch auch dies ist von der Bundesregierung niemals offiziell in Anspruch genommen worden.
„Die Kanzlerin sollte aus Respekt vor dem Bundestag dazu Stellung nehmen“, zitiert die WELT die linke Abgeordnete Sevim Dagdelen, auf deren Antrag das Gutachten zurückgeht. Zwar sei es im Herbst 2015 richtig gewesen, den „Menschen zu helfen“. Das Gutachten zeige aber, wie bedenkenlos die Bundesregierung damals vorging. So habe sie am Ende die AfD gestärkt.
FDP und AfD haben angekündigt, nach ihrem Einzug in den Bundestag einen Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik einzusetzen. Nach Ansicht von AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel gehört Merkel vor Gericht gestellt. Denn die Kanzlerin habe bei Eurorettung und Flüchtlingskrise gegen geltendes Recht verstoßen.
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