Rund­funk­beitrag – Macht­de­mons­tration auf Kosten des Volkes?

Egal, mit wem ich spreche: Niemand will diesen zwangs­weise ver­ord­neten Rund­funk­beitrag, der Men­schen dazu nötigt, einen „Service“ in Anspruch zu nehmen, den man ent­weder gar nicht nutzt oder der auf­grund lücken­hafter, ideo­logie-gesteu­erter oder womöglich sogar völlig fal­scher Infor­ma­ti­ons­über­mittlung nur jenen dient, die unmit­telbar von den Geldern – oder den Ideo­logien – pro­fi­tieren. Der Rund­funk­beitrag, für dessen Zwangs­ein­treibung im Falle von Zah­lungs­un­wil­ligen ein Rie­sen­kon­tingent an Erfül­lungs­ge­hilfen bereit­ge­stellt werden kann, treibt auf Steu­er­zahlers Kosten immer selt­samere Blüten. So berichtete die Epochtimes am 17. April 2017: „GEZ für die Kühe: Landwirt zahlt Rund­funk­beitrag für Stall ohne Strom­an­schluss“. Zum Lesen bitte einfach auf den Link klicken!

Ist der Rund­funk­beitrag rechtens?

Wie die Epochtimes am 4. Sep­tember 2017 darüber hinaus berichtete, stellt der Tübinger Richter Dr. Mat­thias Sprißler die Frage, ob der Rund­funk­beitrag in der heu­tigen Form über­haupt rechtens sei (bezogen aus das EU-Recht). Auch dieser Artikel ist noch online und per Klick somit ver­fügbar. An dieser Stelle sei auch nochmals auf das Interview mit Heiko Schrang auf FRIEDA-online ver­wiesen. So viel vorweg.

Die Grund­rech­te­partei mit Sitz in Kauf­beuren enga­giert sich seit 2010 für die kom­pro­misslose Durch­setzung der Grund­rechte des Grund­ge­setzes. Das Grund­gesetz ist für die Bun­des­re­publik Deutschland als unmit­telbar gel­tendes Recht für alle staat­liche Gewalt bindend (Art. 1, Abs. 3 GG). Weitere Infor­ma­tionen zu den Zielen dieser Partei sind auf deren Website zu finden. Dort werden Themen ange­sprochen, die im kon­ven­tio­nellen Wahl­kampf der eta­blierten Par­teien „irgendwie unter den Tisch fallen“.

Geht es mit der Demo­kratie immer weiter den Bach runter? Ten­dieren wir bereits zu einer Art DDR 2.0 oder gar einem Natio­nal­so­zia­lismus 2.0? Dabei ist das Grund­gesetz, das wir als rang­höchste Rechtsform haben, im Großen und Ganzen (theo­re­tisch) eine gute Grundlage für eine gelin­gende Demokratie.

Ingmar Vetter ist einer der Bun­des­sprecher der Grund­rech­te­partei. Er gehört zu den Koor­di­na­toren der Aktion „Rund­funk­bei­trags­klage“ sowie der aktu­ellen Wahl­prü­fungs­be­schwerde zur bevor­ste­henden 19. Bun­des­tagswahl im Sep­tember 2017.

FRIEDA im Gespräch mit Ingmar Vetter, Bun­des­sprecher der Grund­rech­te­partei und Koor­di­nator der Aktion „Rund­funk­bei­trags­klage“

FRIEDA: Die Rund­funk­bei­trags­klage ist eine poli­tische Aktion der Grund­rech­te­partei. Was beinhaltet sie konkret?

Ingmar Vetter: Gemäß Artikel 5 Abs. 1 GG hat – im Gel­tungs­be­reich des Grund­ge­setzes – jeder Mensch das Recht, sich aus all­gemein zugäng­lichen Quellen unge­hindert zu unter­richten. Das bedeutet jeg­liche Unter­lassung von Zwang in Ver­bindung mit diesem Grund­recht, weil „unge­hindert“ absolut ist. „Unge­hindert“ ist ein abso­luter Begriff. Ein bisschen „unge­hindert“ geht also nicht, genauso wie „ein bisschen schwanger“ auch nicht geht.

© Ingmar Vetter

FRIEDA: Aber im Grund­gesetz steht doch nicht, dass die unge­hin­derte Unter­richtung aus all­gemein zugäng­lichen Quellen auch kos­tenfrei ist?

Ingmar Vetter: Wenn der Cha­rakter der öffentlich-recht­lichen Rund­funk­an­stalten tat­sächlich öffentlich-rechtlich ist, dann handelt es sich um all­gemein zugäng­liche Infor­ma­ti­ons­quellen, weil öffent­liches Recht die All­ge­meinheit betrifft. Demnach stammen öffentlich-recht­liche Infor­ma­tionen immer aus einer all­gemein zugäng­lichen Quelle. Laut Artikel 20 Abs. 2 GG ist öffent­liches Recht immer des Volkes Recht und somit für die All­ge­meinheit geltend. Damit sind öffentlich-recht­liche Infor­ma­tionen grund­sätzlich der All­ge­meinheit zugänglich, sofern sie nicht der Geheim­haltung unter­liegen, was bei öffentlich recht­lichen Rund­funk­sen­dungen nicht der Fall ist.

Die Inan­spruch­nahme von Grund­rechten ist immer kos­tenfrei, weil das Grund­gesetz keine Grund­rechts­ge­wäh­rungs­gebühr kennt. Was das Grund­gesetz dem Grund­rechts­träger nicht aus­drücklich ver­bietet, ist immer erlaubt. Was das Grund­gesetz dem Staat nicht aus­drücklich erlaubt, ist immer ver­boten. Die Erhebung einer solchen „Grund­rechts­ge­wäh­rungs­gebühr“, wie zum Bei­spiel der Rund­funk­beitrag, würde demnach in jedem Fall den in Art. 1 Abs. 3 GG ver­fügten Grundsatz der unmit­tel­baren Rechts­wirkung der Grund­rechte und die Bindung der öffent­lichen Gewalten an diese aus­hebeln – unzu­lässig, also ver­bo­te­ner­weise. Zum Bei­spiel steht im Grund­gesetz auch nir­gendwo, dass der Zugang zu Gesetzen kos­ten­pflichtig oder kos­tenfrei ist; der Zugang zu ihnen ist durch die Sys­te­matik des Grund­ge­setzes und der Grund­rech­te­partei immer kos­tenfrei und durch den Staat zu gewähr­leisten. Unsere rechts­wis­sen­schaft­liche Expertise zum Thema ist viel aus­führ­licher und kann ein­ge­sehen werden unter: https://rundfunkbeitragsklage.de/expertise

FRIEDA: Wäre es tech­nisch denn möglich, dass die Nutzer der öffentlich recht­lichen Medien für TV- und Hörfunk-Angebote selektiv zahlen?

Ingmar Vetter: Das ist zwar tech­nisch möglich, aber es darf nicht sein, weil der Zugang zu Infor­ma­tionen aus all­gemein zugäng­lichen Quellen, spe­ziell öffentlich-recht­liche Infor­ma­tionen, immer unge­hindert sein muss, während ein Bezahl­modell für öffentlich-recht­liche Sender eine ver­botene Hin­derung wäre – wie der Rund­funk­beitrag. Ein denk­bares Modell wäre zum Bei­spiel, den öffentlich recht­lichen Rundfunk durch all­ge­meine Steuern zu finan­zieren, aber natürlich nicht durch eine spe­ziell dafür zu erhe­bende Steuer, sondern durch das bereits vor­handene Steu­er­auf­kommen. Das Grund­problem, das wir hier haben, ist, dass es sich beim Rund­funk­beitrag um eine juris­tisch unzu­lässige Kon­struktion handelt. Das sieht man bereits an der Tat­sache, dass das Grund­gesetz eben keine Erlaubnis für Rund­funk­ge­bühren beinhaltet; ansonsten wäre doch die Ver­ab­schiedung eines solchen Gesetzes für den Bun­destag kein Problem. Hier wird etwas vor­ge­geben, das einer kom­plexen juris­ti­schen Betrach­tungs­weise bedarf. Aber hier schließen die Minis­ter­prä­si­denten der Länder einen Vertrag mit sich selbst und lassen den durch unzu­läng­liche Zustim­mungs­ge­setze in den Lan­des­par­la­menten absegnen. Das jedoch ist nicht der Weg der Gesetz­gebung. Es sieht aus wie ein Gesetz, aber es ist keines.

Wir haben es beim Rund­funk­beitrag eigentlich mit einer Außer­kraft­setzung des Grund­ge­setzes bzw. eines Grund­rechts zu tun. Damit jedoch wird haupt­sächlich die Ewig­keits­ga­rantie des Art. 79 Abs. 3 GG ver­letzt, wonach das Prinzip der unmit­tel­baren Rechts­wirkung von Grund­rechten und die Unter­werfung der öffent­lichen Gewalten unter diese Grund­rechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nicht zur Dis­po­sition des ver­fas­sungs­än­dernden Gesetz­gebers steht. Damit verfügt das Grund­gesetz die ein­zelnen Grund­rechte in erster Linie als Abwehr­rechte des Bürgers gegen den Staat und seine Insti­tu­tionen. Es ist also immer ver­fas­sungs­widrig, wenn der Staat diese Ver­fas­sungs­wirkung der Grund­rechte ver­sucht aus­zu­hebeln – ob mit direkten Sank­tionen oder eben mit Gebühren für die Wahr­nehmung ein­zelner Grundrechte.

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Die Rund­funk­bei­trags­klage ver­sucht, das Grund­recht der wirklich unge­hin­derten Unter­richtung aus all­gemein zugäng­lichen Quellen bewusst zu machen und ver­wendet dafür Rechts­mittel, die grund­ge­setzlich (auch hier wieder als Abwehr­rechte des Bürgers gegen den Staat) ver­wendet werden können und die von den ein­zelnen Bürgern somit auch ver­wendet werden dürfen. Es gibt auf der Basis des Grund­ge­setzes also ver­schiedene Rechts­mittel, um den Staat zum Bekenntnis zum Grund­gesetz zu zwingen oder aber dazu, öffentlich bekannt zu geben, dass das GG für staat­liche Ver­fas­sungs­organe nicht relevant ist. Das Zweite wäre der Ver­fas­sungs-Gau. Das GG ist die rang­höchste Rechtsnorm in Deutschland. Die Grund­ge­setz­ga­rantie des Art. 1 Abs. 3 GG ist die Krone des Grund­ge­setzes und die Rechts­weg­ga­rantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Königin der Vor­schriften. Alle staat­lichen Gewalten sind an die Grund­rechte gebunden und diese sind wie­derum unmit­telbar gel­tendes Recht. Treibt der Staat quer, kommt der Bürger mit dem Grund­gesetz in der Hand und haut ihm damit auf die Finger. Er darf das, denn das Grund­gesetz garan­tiert das. Aber dazu muss der Bürger um seine Grund­rechte und deren Funk­tionen und Wirk­weisen auch wissen. Am Grund­gesetz geht kein Weg vorbei, außer mit der Außer­kraft­setzung der wich­tigsten Para­meter des Grund­ge­setzes und durch die Unwis­senheit der Bürger.

Die Rund­funk­bei­trags­klage bedient sich einer juris­ti­schen Sys­te­matik, welche der Otto Nor­mal­bürger nicht ver­steht, weil er sie nicht gelernt hat, obwohl er der Norm­adressat ist. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sind die staat­lichen (öffent­lichen) Gewalten an das Grund­gesetz gebunden. In dem Zusam­menhang ist es also nicht möglich, dass sich, wie geschehen, 16 Minis­ter­prä­si­denten zusam­men­setzen, mit sich selbst einen Vertrag schließen, und den dann durch Zustim­mungs­ge­setze der Lan­des­par­la­mente zu einem nicht exis­tie­renden bun­desweit gel­tenden Gesetz erheben. Denn diese Aufgabe steht aus­schließlich dem Bun­destag und in gewissem Maße auch dem Bun­desrat zu. Hätten die Minis­ter­prä­si­denten das Recht, so etwas zu tun, dann müssten sie nicht den Umweg über diesen Staats­vertrag gehen, sondern könnten einfach ein Bun­des­gesetz erlassen. Die Tat­sache, dass sie es nicht tun, heißt dann also, dass sie es nicht dürfen. Diese Zusam­men­hänge durch­blicken aber nur Berufs­ju­risten oder die, die sich intensiv mit der Materie beschäf­tigen. Wir fordern deshalb das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zur Aus­setzung des Rund­funk­bei­trages auf, also zu einem Mora­torium bis zur abschlie­ßenden Klärung der Rechts­fragen. Wei­terhin fordern wir die Lan­des­par­la­mente zur Kün­digung des Rund­funk­staats­ver­trages auf.

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FRIEDA: Nach Art. 17 GG kann sich ja jeder einzeln oder in Gemein­schaft mit Bitten oder Beschwerden an die zustän­digen Stellen wenden. Sie haben das Rechts­mittel der Petition genutzt, was ein grund­ge­setz­licher Rechtsweg ist. Art. 17 GG und Art. 19 Abs. 4 GG beinhalten die Grundlage unserer Rechts­mittel gegen den Staat. Darauf basierend nutzen Sie die zur Ver­fügung ste­henden Rechts­mittel, land­läufig als Petition bezeichnet. Auf Ihrer Website sind alle Beschwerden zur Rund­funk­bei­trags­klage gelistet. Was beinhalten diese Beschwerden konkret? Können Inter­es­sierte sich dort noch ein­tragen und wenn ja, bis wann?

Ingmar Vetter: Wir haben eine Beschwerde zur Aus­setzung des Rund­funk­bei­trags an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt for­mu­liert. Sie hat zum Ziel, wie in der vor­he­rigen Antwort schon erwähnt, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt den Rund­funk­beitrag aus­setzt bis zur abschlie­ßenden Klärung – obwohl das vom Grund­gesetz her bereits geklärt ist. Aber die öffent­lichen Gewalten ver­fahren seit langem nach dem Motto: Solange das von uns besetzte Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt uns nicht auf die Finger haut, ist alles in Ordnung. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt jedoch haut nicht und nichts ist in Ordnung. Der Rund­funk­beitrag ist ein wich­tiger Lack­mustest für den Zustand der Demokratie.

Die Beschwerden an die Lan­des­par­la­mente haben wie­derum zum Ziel, dass die Par­la­mente den Rund­funk­bei­trags­staats­vertrag kündigen.

Die Bei­tritts­mög­lich­keiten zum jewei­ligen Bun­desland der Betrof­fenen und zum Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sind auf unserer Internet-Seite zu finden. Jeder hat die Mög­lichkeit, einer­seits die Beschwerde an sein Lan­des­par­lament zu zeichnen, also dieser Beschwerde bei­zu­treten, die sich konkret an das Lan­des­par­lament richtet, und ande­rer­seits kann er der Beschwerde an das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt bei­treten. Zeich­nungs­frist ist bis zum 24. Sep­tember 2017.

FRIEDA: Es eilt also! Warum denn nur bis dann?

Ingmar Vetter: Der Bei­tritt ist ja bereits seit Februar 2017 möglich. Für den Termin als Ende der Beschwer­de­frist ent­schieden wir uns wegen der Bun­des­tagswahl, weil das ein prä­sentes Datum für die Leute ist. Eine Woche nach der Bun­des­tagswahl werden die Beschwerden von uns ein­ge­reicht. Wir können auch noch 20 Jahre warten, bis auch der letzte der im Grunde fast 80 Mil­lionen Zwangs­schuldner sich an der Aktion beteiligt. Die meisten sagen sich, warum soll ich wegen 17 Euro im Monat das Risiko ein­gehen, mein ganzes rest­liches Leben zer­stören zu lassen?

Man muss sich diese Per­version auf der Zunge zer­gehen lassen! Wer den Zwangs­beitrag für Staats­pro­pa­ganda nicht zahlt, kann im Gefängnis landen. Und über die Gesamt­schuld­ner­schaft von mit­ein­ander in einer Wohnung lebenden Men­schen führen wir die Sip­penhaft über die Hin­ter­treppe der Geschichte wieder ein. Kommt uns das nicht bekannt vor?

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FRIEDA: Aller­dings! Ent­stehen Kosten für jene, die sich an Ihrer Aktion beteiligen?

Ingmar Vetter: Art. 17 GG (Beschwer­de­recht) in Ver­bindung mit Artikel 19 Abs. 4 GG (Rechts­weg­ga­rantie) schreibt keine Gebüh­ren­er­hebung für der­artige Rechts­mittel vor, aber wir bitten um geringe Spenden pro Teil­nehmer, um die Aktion über­haupt machen zu können. Wir, die Akteure von der Grund­rech­te­partei, inves­tieren schließlich auch eine Menge Lebens- und Arbeitszeit. Und je mehr Geld wir zur Ver­fügung haben, desto mehr Hand­lungs­spielraum haben wir auch. Die Resonanz, die sich anhand unserer reprä­sen­ta­tiven Umfrage zeigt, bestätigt, dass die über­wäl­ti­gende Mehrheit für die Abschaffung des Rund­funk­bei­trages ist. Hätte uns nicht eine (kleine) Menge von Men­schen über diese bisher zwei Jahre finan­ziert, wäre das Projekt nicht einmal begonnen worden. Eine solche Aktion dauert mehrere Jahre, denn mit der Ein­rei­chung der Beschwerden ist noch lange nicht Schluss. Schluss ist, wenn letzt­in­stanzlich fest­steht: Der Staat steht zum Grund­gesetz oder nicht.

FRIEDA: Koope­rieren Sie auch mit anderen Orga­ni­sa­tionen oder Initia­tiven, die sich für mehr direkte Demo­kratie einsetzen?

Ingmar Vetter: Nicht aktiv. Das liegt aber nicht an uns. Diese Bünd­nisse, Orga­ni­sa­tionen oder Initia­tiven wollen meist mit uns nicht zusam­men­ar­beiten, weil wir erstens eine in der Öffent­lichkeit ver­gleichs­weise unbe­kannte poli­tische Partei sind und zweitens, weil wir uns strikt an den Wortlaut des Grund­ge­setzes halten. Wir wollen keine Utopien ver­wirk­lichen, sondern auf der Grundlage des Grund­ge­setzes zeigen, dass die innere Ordnung Deutsch­lands zulässt, dass wir alle in Glück und Frieden leben können und jeder staat­lichen Insti­tution auf die Finger hauen können, die das anders sehen will, weil sie über bewaffnete Poli­zisten ver­fügen kann. Das ist legaler poli­ti­scher Wider­stand. Und dazu sind nur wenige wirklich bereit. Poli­ti­scher Wider­stand ist teuer. Kaum einer kann ihn sich leisten, und wer mit staat­lichen För­der­mitteln ver­sorgt wird, hört schnell auf, Wider­stand zu leisten. Siehe unsere poli­ti­schen Oppositionsparteien.

Unsere Erfahrung ist, dass sich kaum jemand im Detail mit den juris­ti­schen Details unserer Gesell­schaft aus­ein­an­der­setzt, obwohl deren innere Ordnung unser Fun­dament ist. Es soll alles irgendwie gehen, aber wenn es um Ein­zel­heiten geht, nehmen viele Abstand. Her­kömm­liche Initia­tiven sind mit Restau­rants ver­gleichbar. Sie bieten einige Fer­tig­ge­richte an und suchen Fein­schmecker. Wir hin­gegen bringen den Leuten das Kochen bei! Wir sind aber gern zur Zusam­men­arbeit mit Men­schen und Orga­ni­sa­tionen bereit, welche das Grund­gesetz ver­tei­digen wollen.

FRIEDA: Warum haben all die ver­schie­denen Initia­tiven gegen den Rund­funk­beitrag bisher keinen durch­schla­genden Erfolg?

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Ingmar Vetter: Weil sich die dies­be­züg­lichen Initia­tiven nicht auf der Basis des Grund­ge­setzes zusam­men­schließen. Anstatt zu sagen, wir müssen jetzt gemeinsam mit den Rechts­mitteln des Grund­ge­setzes dagegen vor­gehen, kocht jeder sein eigenes Süppchen und ver­langt im Grunde, dass die für den Ver­fas­sungs­bruch Ver­ant­wort­lichen bitte damit auf­hören sollen.

Das Grund­problem aber ist, dass die ein­zelnen Bürger sich ihrer Rechte nicht bewusst sind. Grund­ge­setz­schulung in der Schule? Fehl­an­zeige. Jura ist immer noch ein eli­täres Studium, obwohl vor dem Gesetz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG alle Men­schen gleich sind. Wenn der Ein­zelne bei Rot über die Kreuzung fährt, wird er bestraft, ob er das Gesetz kennt oder nicht. Seine Kenntnis wird vor­aus­ge­setzt. Kommt aber der gleiche Ein­zelne mit dem Grund­gesetz unterm Arm in eine Behörde und sagt, hier sind meine Rechte, wird ihm gesagt, nehmen Sie sich erst einmal einen Anwalt. Damit wird eigentlich gesagt: Du bist zu blöd, das Gesetz zu kennen, und wir machen, was wir wollen. Das aber ist Amts­miss­brauch in seiner klas­si­schen Form. Im Gegensatz zur Sug­gestion mancher Tatorte am Sonn­tag­abend jedoch ist der Amts­miss­brauch kein Straf­tat­be­stand mehr, seitdem ihn die Nazis 1943 ersatzlos gestrichen haben. Warum er nicht wieder in das Straf­gesetz ein­ge­führt worden ist? Fragen Sie die Bundestagsparteien!

Art. 1 Abs. 3 GG (Unmit­telbare und damit erlaub­nis­freie Rechts­wirkung der Grund­rechte und Unter­werfung aller öffent­lichen Gewalt unter diese Grund­rechte) ist der Schlüssel des Grund­ge­setzes und steht als Grund­rech­te­ga­rantie weltweit ein­zig­artig da. Aber wenn der Schlüssel nicht ver­wendet wird, man also auf seine Grund­rechte ver­zichtet, hat man eben auch keine. Die Leute wollen ein fer­tiges Menü. Sie wollen essen und das schnell und billig, aber nicht kochen lernen. Wenn die Leute selbst nicht ver­stehen, was ihnen das Grund­gesetz eigentlich schenkt und garan­tiert, ver­zichten sie frei­willig auf ihre Grund­rechte und damit wird das GG als Grund­rech­te­garant gegen­standslos. Dann kann die öffent­liche Gewalt machen, was immer sie will. Solange kein Blut auf den Straßen fließt, scheint alles in Ordnung zu sein. Nicht aber die Öffent­liche Gewalt ist in erster Linie zuständig für die Umsetzung des GG, sondern das Volk ist zuständig für dessen kom­pro­misslose Inan­spruch­nahme. Jeder will immer viel Rechte und das mehr als der Nachbar. Werden diese Rechte von den staat­lichen Insti­tu­tionen jedoch nicht beachtet oder ver­letzt, glauben viele, das Grund­gesetz selbst sei nichts wert. Man dekla­riert also die Ampel als wertlos, weil einige bei Rot die Straße über­queren. Das ist Unsinn und gefährlich, weil so die Demo­kratie ver­letzt oder abge­schafft wird – durch das Volk!

FRIEDA: Was halten Sie von den Akti­vi­täten des Richters Sprißler am Land­ge­richt Tübingen und seiner Vorlage des Rund­funk­bei­trags an den Euro­päi­schen Gerichtshof?

Ingmar Vetter: Davon ist gar nichts zu halten, bei allem fest­zu­stel­lenden Jubel über den Richter am Land­ge­richt (Tübingen) Dr. Sprißler. Warum nicht? Ganz einfach aus dem Grunde, dass es hier keiner Vorlage an den Euro­päi­schen Gerichtshof bedarf. Dazu muss man wissen, wie die soge­nannte ordent­liche Gerichts­barkeit funk­tio­niert: Das Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz weist den ordent­lichen Gerichten (Amts­ge­richte, Land­ge­richte) aus­schließlich bür­ger­liche Strei­tig­keiten und Straf­sachen zu. Die öffentlich-recht­lichen Rund­funk­an­stalten jedoch wollen öffentlich-rechtlich sein und müssen auch vor den Ver­wal­tungs­ge­richten ver­klagt werden in Bezug auf den Rund­funk­beitrag. Ihre Bei­träge jedoch lassen sie meistens zwangs­voll­strecken von der ordent­lichen Gerichts­barkeit auf der Grundlage der Zivil­pro­zess­ordnung. Diese jedoch erteilt keine gesetz­liche Erlaubnis zur Zwangs­voll­stre­ckung von öffent­lichen For­de­rungen. Der Richter am Land­ge­richt Sprißler hätte bloß fest­stellen müssen, dass die ordent­liche Gerichts­barkeit gemäß Gerichts­ver­fas­sungs­gesetz (§ 13 GVG) sachlich nicht zuständig ist für der­artige Zwangs­voll­stre­ckungen von öffentlich-recht­lichen For­de­rungen. Ob die ver­schie­denen Ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­ge­setze der Länder da etwas anderes bestimmen wollen, ist uner­heblich, denn gemäß Art. 31 bricht Bun­des­recht jedes Lan­des­recht. Das wäre eine echte Revo­lution gegen den Rund­funk­beitrag, denn damit wären über 90 Prozent aller Zwangs­voll­stre­ckungen erledigt. Das ist jetzt etwas ver­ein­facht erklärt, aber grund­sätzlich von den gesetz­lichen Mög­lich­keiten her korrekt.

Und dass wir damit richtig liegen, ist bewiesen durch die Tat­sache, dass unsere dies­be­züg­lichen Mus­ter­schreiben für ent­spre­chende Beschwerden einfach nicht bear­beitet werden. Sie müssten jedoch bear­beitet werden, auch wenn sie feh­lerhaft wären. Dann müsste das ange­rufene Gericht eben mit dem Inhalt der Gesetze nach der Nor­men­hier­archie vom Grund­gesetz her abwärts begründen, warum das falsch wäre. Sie machen aber nichts. Sie schreiben den Beschwer­de­führern: Wenn Sie nicht das (unzu­lässige) Rechts­mittel gemäß Zivil­pro­zess­ordnung ein­legen, legen wir Ihre Beschwerde ohne Beschluss zu den Akten. Das jedoch ist nicht die Aufgabe der Recht­spre­chung. Diese muss immer einen rechts­mit­tel­fä­higen Beschluss oder ein rechts­mit­tel­fä­higes Urteil erlassen, wenn sie gegen die öffent­lichen Gewalten ange­rufen wird. Das verfügt das Grundgesetz.

Wir haben im Grunde in den letzten beiden Jahren den abso­luten Zusam­men­bruch der inneren Ordnung des Staates live mit­er­leben können – gerichtsfest beweisbar durch Akten. Aber wo kein Richter, da kein Kläger.

Insofern ist der Titel des Inter­views „Macht­de­mons­tration auf Kosten des Volkes“ korrekt, bedarf aber der Zusätze „ver­fas­sungs­widrig“ und „von den Bürgern geduldet“.

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FRIEDA: Der Countdown für die Bun­des­tags­wahlen 2017 läuft. Wie lautet Ihr Appell an das Volk?

Ingmar Vetter: Das Volk muss ver­stehen, dass die Wahl­ge­setze in der Bun­des­re­publik Deutschland freie demo­kra­tische Wahlen und damit echte Demo­kratie ver­hindern. Die Wahl­ge­setze sind so gestrickt, dass die herr­schenden Par­teien darüber bestimmen, wer zum Wett­kampf um ihre Ablösung antreten darf. Und damit ist eigentlich alles gesagt. Der Grundsatz einer demo­kra­ti­schen Wahl ist die Mög­lichkeit der Abwahl der Regierung und laut dem Grund­gesetz besteht diese Mög­lichkeit. Unsere ein­fachen Wahl­ge­setze sind jedoch so, dass die Regierung ent­scheidet, wer sie abwählen darf. Und deshalb boy­kot­tieren wir auch die Bun­des­tagswahl. Die Zweit­stimmen sind vom Grund­gesetz her nicht zulässig.

Viele sagen dann zwar ‚Ja, wenn ich nicht zur Wahl gehe, dann kommt meine Stimme denen zugute, die ich nicht will. Es gibt ja keine Min­dest­wahl­be­tei­ligung. Je weniger zur Wahl gehen, desto mehr Pro­zente haben die eta­blierten Parteien.‘

Das ist jedoch nur das mit­telbare Problem. Ob ich wählen gehe oder nicht: Die Wahl­ge­setze sind immer so gestrickt, dass die Stimmen des Wählers keinen wirk­lichen Ein­fluss haben, weil die, die abge­wählt werden sollen, selbst darüber bestimmen, ob sie abge­wählt werden und das hat mit Demo­kratie nichts zu tun. Das heißt, wenn die Regierung darüber bestimmt, ob sie abge­wählt wird oder nicht, dann handelt es sich nicht um eine Demo­kratie! Das ist so, als wenn der Koch sagt: ‚Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt! Ob du das isst oder nicht, ist egal! Bezahlen musst du trotzdem!‘

Infor­ma­tionen zur Bun­des­tags­wahl­be­schwerde gibt es hier:
https://bundestagswahlbeschwerde.de

Dieses Mus­ter­schreiben kann ver­wendet werden zur Bean­tragung der Anordnung des Ruhens von Ver­wal­tungs­voll­stre­ckungs­ver­fahren zur Zwangs­bei­treibung von Rund­funk­bei­trägen. Es ist zu richten an die
zuständige Rundfunkanstalt:
https://rundfunkbeitragsklage.de/musterschreiben-rundfunkbeitrag-ruhen-verwaltungsvolltsreckungsverfahren-vorlage-eugh-lgtuebingen/

FRIEDA: Vielen Dank für das Interview!

 

Titelbild: Collage / Dieb Pixabay / Logo Bei­trags­service des öffent­liche recht­lichen Rundfunks

Quelle: frieda-online.de