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Wieder Alltag in Deutschland: Heu­chelei und Pro­pa­ganda für Partei und Staat

Nachdem sich die Erre­gungs­wogen über den Mes­ser­an­griff von Altena geglättet haben, ist es Zeit für eine nüch­terne Analyse. Die Reaktion der Politik und die Art der Bericht­erstattung sagen viel darüber aus, was in unserem Land schief läuft, oder bereits aus dem Ruder gelaufen ist.

Als ich bei Google die Meldung sah, dass sich Bun­des­kanz­lerin Merkel „ent­setzt“ zeigt über einen Angriff auf einen Bür­ger­meister, war ich erstaunt, dass die bei ähn­licher Gele­genheit eisern schwei­gende Kanz­lerin sich plötzlich äußerte. Es hatte schließlich einen ganzen Tag gedauert, bis sie sich zu dem Attentat auf den Ber­liner Weih­nachts­markt im letzten Jahr eine Bemerkung abrang.
Am Tag nach diesem grau­samen Ereignis, bei dem zwölf Men­schen getötet und 48 ver­letzt wurden, war bis zum Mittag auf der Inter­net­seite der Kanz­lerin kein Statement zu finden.
Nur gezwun­ger­ner­maßen hat sie nach Tagen ein Wort zu dem pol­ni­schen Last­wa­gen­fahrer gesagt, der als erster starb. Seiner Familie wurde auch keine Hilfe ange­boten. Das übernahm ein eng­li­scher Trucker, der ein Spen­den­konto für die Hin­ter­blie­benen seines Kol­legen eröffnete. In den Medien wurde das Opfer sogar als mög­licher Mit­täter bezeichnet, ohne dass sich jemand dafür entschuldigte.

Als längst klar war, dass es sich um einen ter­ro­ris­ti­schen Anschlag han­delte, wollte Innen­mi­nister de Mai­zière nicht davon reden. Wörtlich in der ARD: „Ich möchte jetzt noch nicht das Wort Anschlag in den Mund nehmen, obwohl viel dafür spricht.“

Ähnlich war es in anderen Fällen. Die von einem Syrer getötete schwangere Polin, Mutter von vier Kindern, war der Kanz­lerin kein Wort wert. In den Medien wurde die Ermordete noch durch den Dreck gezogen, mit der Behauptung, sie hätte mit ihrem Mörder ein Ver­hältnis gehabt und es wäre eine „Bezie­hungstat“ gewesen. Erst durch ener­gische Pro­teste in Polen, kam die Wahrheit all­mählich ans Licht, aber nur im Klein­ge­druckten, was die Qua­li­täts­medien betrifft. Nur wer sich im Netz infor­mierte , wußte, was wirklich pas­siert war.

Von den all­täg­lichen Mes­ser­an­griffen, von denen es nach Schät­zungen etwa zehn täglich gibt, ist meist nur in den Lokal­nach­richten die Rede, auch wenn sie viel gra­vie­rendere, oft lebens­ge­fähr­liche Ver­let­zungen ver­ur­sachen, als einen kleinen Kratzer am Hals.

Kommen wir nun zu dem Vorfall in Altena. In den Berichten war dra­ma­tisch von einem 30 cm langen Messer die Rede, mit dem eine 15 cm tiefe Wunde ver­ur­sacht worden sein sollte. Man wun­derte sich nur, dass der angeblich schwer ver­letzte Bür­ger­meister, kaum dass er im Kran­kenhaus war, sofort wieder ent­lassen wurde. Als er am nächsten Tag seine Pres­se­kon­ferenz gab, wirkte er putz­munter und hatte lediglich ein kleines Pflaster am Hals.

Im Gegensatz zu den all­täg­lichen Berichten über Gewaltakte gegen Bürger „die schon länger hier leben“, war der Täter nicht ein „Mann“ oder ein „Altenaer“, sondern ein Deut­scher. Es war die Erleich­terung, endlich einmal über einen bio­deut­schen Angreifer zu berichten, deutlich zu spüren.

Bei Anschlägen wie in Cux­haven dagegen, wo ein Syrer mit Vollgas in eine Men­schen­gruppe raste und nach der Kol­lision mit der Gruppe wei­ter­gerast war, ver­breitete die Polizei per Twitter, dass es keinen Anhalts­punkt für einen Anschlag gebe. „Wir prüfen, ob der Vorfall im Zusam­menhang mit einem vor­an­ge­gan­genen Streit in der Disco stehen könnte“, sagte ein Poli­zei­sprecher. Kein Erschrecken der Kanz­lerin über die rohe Gewalt, die inzwi­schen auf unseren Straßen herrscht.

Auch in Saar­brücken, nachdem ein Psy­chologe von einem Syrer erstochen worden war, was von der Kanz­lerin eben­falls mit Schweigen über­gangen wurde, beeilte sich die Polizei zu ver­si­chern: „Terror war über­haupt nicht im Spiel“

Was den Täter von Altena betrifft, war von Anfang an klar, dass es nur ein frem­den­feind­liches Motiv sein durfte. Die Staats­an­walt­schaft war sich noch vor Beginn der Ermitt­lungen sicher, dass es sich um einen Mordversuch“aus nie­deren Motiven“ han­delte. Erst als diese Nach­richt der Öffent­lichkeit ein­ge­hämmert worden war, wurde leise weinend zuge­geben, dass es sich bei dem Täter um einen Mann han­delte, dem das Wasser abge­stellt worden war und dessen Haus zwangs­ver­steigert werden soll.
Der Satz, den er nach Aussage des Bür­ger­meisters Holl­stein am Tatort geäußert hat: „Sie lassen mich ver­dursten und holen 200 Flücht­linge nach Altena“, weist auf eine Ver­zweif­lungstat hin.

Cha­rak­te­ris­tisch ist auch, wie die Tat in Altena poli­tisch aus­ge­schlachtet werden soll. Der Bür­ger­meister selbst gießt eifrig Öl ins Feuer. Obwohl der Täter gar nicht wissen konnte, dass er den Bür­ger­meister in der Döner-Bude treffen würde und er sich erst erkundigt hat, ob er wirklich den Bür­ger­meister vor sich habe, behauptete Holl­stein auf der Pres­se­kon­ferenz, es hätte sich um eine vor­sätz­liche Tat gehandelt: „Ich glaube, dass das Messer in der Tasche für mich gedacht war.“

Aller­dings gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um eine Spon­tantat han­delte. Als „Beweis“ für Frem­den­feind­lichkeit kann, mangels Ver­bin­dungen des Täters zu rechts­ra­di­kalen Kreisen, nur der Halbsatz: „und holen 200 Flücht­linge nach Altena“ her­halten. Was an dieser bloßen Zustands­be­schreibung aller­dings frem­den­feindlich sein soll, ist nur mit dem Willen zu erklären, jeg­liche Dis­kussion um die Ein­wan­derung zu ersticken. Im Gegensatz dazu sind Allahu akbar-Rufe natürlich kein Beweis für einen isla­mis­ti­schen Hintergrund.

Holl­stein geht noch weiter. Er nutzt seine Vier­tel­stunde Ruhm, um gegen das noch freie Internet zu Felde zu ziehen. Er warnte vor Hass in der poli­ti­schen Aus­ein­an­der­setzung. „Hass bringt uns nicht weiter. Diese Bot­schaft rüber­zu­bringen, ist mir wichtig“. Er beklagte eine Ver­rohung des gesell­schaft­lichen Klimas. Ihn hätten bereits E‑Mails erreicht, in denen die Tat gelobt werde.

Nun werden Rufe lauter nach einem Gesetz, das Kritik an Poli­tikern zu „Stalking“ erklären und unter Strafe stellen soll. Damit wären wir wieder in der DDR, wo Gefängnis drohte, wenn die Unfehl­barkeit des Polit­büros ange­zweifelt wurde. Wie weit die Aus­legung sein wird, kann man schon abschätzen, wenn man weiß, dass man von den Mer­ke­lianern schon als „Hetzerin“eingestuft wird, wenn man die Beton­sperren, die neu­er­dings unsere Weih­nachts­märkte umzingeln, absurd findet. Schließlich hat Innen­mi­nister de Mai­zière schon öffentlich klar gemacht, wie man die Merkel-Poller finden soll. Anlässlich der Eröffnung der Weih­nachts­märkte sagte er, die Besucher sollten „achtsam, aber nicht furchtsam“ sein, denn: „Die Weih­nachts­märkte sehen heute anders aus als vor einigen Jahren, und das ist auch gut so“. „Die Ter­ror­gefahr ist einfach sehr hoch. Jederzeit. Überall.

Wer jetzt noch sagt, dass es sehr wohl eine Zeit gab, wo man sich in Deutschland nicht vor Ter­ro­rismus fürchten musste, ist ein „Hetzer“ und gehört vor den Kadi. Jeden­falls dem­nächst, wenn das Gesetz zum beson­deren Schutz von Poli­tikern ver­ab­schiedet worden ist.

Vera Lengsfeld / vera-lengsfeld.de