Immer wieder habe ich mich auf meinem Blog und in Medien mit der Ungleichheit und den sich daraus ergebenden Konsequenzen beschäftigt. Im Kern sehe ich es so:
- Zu viel Ungleichheit verträgt eine Gesellschaft nicht, weshalb es richtig ist, etwas dagegen zu tun.
- Dies beginnt vor allem bei der Bildung, wo gerade unser Staat derzeit massiv versagt.
- Reine Umverteilung bringt wenig und belastet erfahrungsgemäß vor allem die Mittelschicht. Für Deutschland daran absehbar, dass nur Belgien eine höhere Abgabenlast hat und der Spitzensteuersatz beim 1,3‑Fachen des Durchschnittseinkommens beginnt.
- Zugleich muss man hinterfragen, wer denn die Armen sind. Das hat zum einen mit der Definition zu tun, zum anderen mit der Zusammensetzung der Bevölkerung.
- Wenn Zuwanderung nicht homogen zum Ist, sondern abweichend erfolgt, kann das zu zunehmender Ungleichheit führen. Wandern viele Top-Verdiener ein, nimmt sie zu, wandern viele Ungelernte ein, auch. Unterschiedliche Konsequenzen würde ich sagen.
Womit wir beim Thema wären. Das Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) mit Chef Marcel Fratzscher ist seit Jahren unterwegs und beklagt laut die zunehmende Ungleichheit – und dies, obwohl das Institut die Daten mehrfach und höchst peinlich korrigieren musste.
Was man mit einem einfachen Dreisatz schon seit Jahren ausrechnen konnte – und ich bei bto und bei manager magazin online auch getan habe – nämlich, dass der Mix der Bevölkerung den Zuwachs der Armut erklärt, musste nun auch das DIW bestätigen. Allerdings leider, weil die Zuwanderer weniger verdienen, nicht mehr …
Die F.A.Z. berichtet, was dem DIW irgendwie nicht gefallen haben kann (was man dann auch am Lösungsvorschlag sieht):
- „Der anhaltende Wirtschaftsaufschwung in Deutschland kommt einer Studie zufolge nicht bei allen Bürgern an. So stiegen seit Anfang der Neunzigerjahre die realen Einkommen der Privathaushalte in Deutschland durchschnittlich um 15 Prozent. Die ärmste Gruppe von Haushalten verzeichnete jedoch keinen Einkommenszuwachs, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) berechnet hat. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass die Zuwanderung zugenommen hat.“
– Stelter: Wichtig, es handelt sich hier um die Daten vor Umverteilung. Danach sieht es ganz anders aus. Und: In den letzten Jahren haben vor allem Geringverdiener aufgeholt, es ist also bewusst ein langer Zeitraum genommen worden. - „Eine Rolle spiele außerdem die Zuwanderung, die seit 2007 zugenommen habe. ‚Diese neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger haben aber in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft in der Regel niedrige Einkommen‘, erläuterte Co-Studienautor Jan Goebel. Das zeige sich auch daran, dass der Anteil der Personen mit direktem Migrationshintergrund, die also selbst nach Deutschland zugewandert seien, an den niedrigen Einkommensgruppen zunehme.“
– Stelter: Das war seit Jahren ohne Probleme aus den Zahlen des Statistischen Bundesamtes ablesbar, und zwar innerhalb von 30 Minuten. Dazu muss man keine Studie machen. Außerdem haben wir es mit geringerer Erwerbsbeteiligung zu tun, die nachhaltig tiefer bleibt (vor allem bei Frauen), und die Gehälter von bestimmten Gruppen sind signifikant tiefer. Herausstechend sind die Migranten aus muslimischen Ländern inklusive Türkei. - „Allerdings zeigten die verfügbaren Daten, dass sich die Einkommensposition der Migranten verbessere, je länger sie sich im Land aufhalten.“
– Stelter: Damit sind wir wieder in der Abteilung „Beschönigung“. Klar, das tun sie. Von null auf etwas oder von ganz wenig auf wenig. Wir brauchen aber im Schnitt Einkommen auf dem Niveau der hier schon lebenden Bevölkerung, um den Laden am Laufen zu halten. Davon sind wir weit entfernt! - „Die Studie legt außerdem dar, dass in den vergangenen Jahren das Armutsrisiko gestiegen sei. (…) Ein relevanter Teil des Anstiegs sei auf die Zuwanderung zurückzuführen.“
– Stelter: Mein Dreisatz ergab 100 Prozent. - „Menschen mit direktem Migrationshintergrund hätten im Jahr 2015 eine Armutsrisikoquote von 29 Prozent, Personen mit indirektem Migrationshintergrund – von denen mindestens ein Elternteil zugewandert ist – von 25 Prozent.“
– Stelter: Tja, so ist es, wenn man unter den Zuwanderern überwiegend Menschen anlockt, die auf den Sozialstaat schielen. - „In diesen Zahlen sind die Menschen, die erst im Jahr 2015 und später nach Deutschland zugewandert sind, noch nicht enthalten.“
– Stelter: Und bei denen sieht es noch schlimmer aus! Man blicke nur auf die PISA-Ergebnisse von Syrien etc. - „Eine wesentliche Aufgabe für die Gesellschaft als Ganzes und insbesondere für die Politik sei es, die neu zugezogenen Migranten schnell und zielgenau zu unterstützen, damit ihre Integration rasch erfolge und sie schnell höhere Einkommen erzielen können, so Goebel.“
– Stelter: Der Analphabet aus X wird selbst bei größter Förderung lebenslang nicht das Durchschnittsniveau erreichen. Das ist eine Illusion, die hier geweckt wird, mit dem Ziel, die eigentliche Nachricht zu verwässern. Die lautet: Wir holen uns die Armut ins Land und wer diese mit mehr Umverteilung bekämpfen will, muss das offen sagen. Mit dem gleichen finanziellen Aufwand könnten wir in den Ländern, aus denen die Zugewanderten kommen, mindestens zehnmal so vielen Menschen helfen. Ist das gerecht?
→ faz.net: „Warum der Aufschwung bei den Armen der Gesellschaft nicht ankommt“, 24. Mai 2018
Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com