Egal, mit wem ich spreche: Niemand will diesen zwangsweise verordneten Rundfunkbeitrag, der Menschen dazu nötigt, einen „Service“ in Anspruch zu nehmen, den man entweder gar nicht nutzt oder der aufgrund lückenhafter, ideologie-gesteuerter oder womöglich sogar völlig falscher Informationsübermittlung nur jenen dient, die unmittelbar von den Geldern – oder den Ideologien – profitieren. Der Rundfunkbeitrag, für dessen Zwangseintreibung im Falle von Zahlungsunwilligen ein Riesenkontingent an Erfüllungsgehilfen bereitgestellt werden kann, treibt auf Steuerzahlers Kosten immer seltsamere Blüten. So berichtete die Epochtimes am 17. April 2017: „GEZ für die Kühe: Landwirt zahlt Rundfunkbeitrag für Stall ohne Stromanschluss“. Zum Lesen bitte einfach auf den Link klicken!
Ist der Rundfunkbeitrag rechtens?
Wie die Epochtimes am 4. September 2017 darüber hinaus berichtete, stellt der Tübinger Richter Dr. Matthias Sprißler die Frage, ob der Rundfunkbeitrag in der heutigen Form überhaupt rechtens sei (bezogen aus das EU-Recht). Auch dieser Artikel ist noch online und per Klick somit verfügbar. An dieser Stelle sei auch nochmals auf das Interview mit Heiko Schrang auf FRIEDA-online verwiesen. So viel vorweg.
Die Grundrechtepartei mit Sitz in Kaufbeuren engagiert sich seit 2010 für die kompromisslose Durchsetzung der Grundrechte des Grundgesetzes. Das Grundgesetz ist für die Bundesrepublik Deutschland als unmittelbar geltendes Recht für alle staatliche Gewalt bindend (Art. 1, Abs. 3 GG). Weitere Informationen zu den Zielen dieser Partei sind auf deren Website zu finden. Dort werden Themen angesprochen, die im konventionellen Wahlkampf der etablierten Parteien „irgendwie unter den Tisch fallen“.
Geht es mit der Demokratie immer weiter den Bach runter? Tendieren wir bereits zu einer Art DDR 2.0 oder gar einem Nationalsozialismus 2.0? Dabei ist das Grundgesetz, das wir als ranghöchste Rechtsform haben, im Großen und Ganzen (theoretisch) eine gute Grundlage für eine gelingende Demokratie.
Ingmar Vetter ist einer der Bundessprecher der Grundrechtepartei. Er gehört zu den Koordinatoren der Aktion „Rundfunkbeitragsklage“ sowie der aktuellen Wahlprüfungsbeschwerde zur bevorstehenden 19. Bundestagswahl im September 2017.
FRIEDA im Gespräch mit Ingmar Vetter, Bundessprecher der Grundrechtepartei und Koordinator der Aktion „Rundfunkbeitragsklage“
FRIEDA: Die Rundfunkbeitragsklage ist eine politische Aktion der Grundrechtepartei. Was beinhaltet sie konkret?
Ingmar Vetter: Gemäß Artikel 5 Abs. 1 GG hat – im Geltungsbereich des Grundgesetzes – jeder Mensch das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Das bedeutet jegliche Unterlassung von Zwang in Verbindung mit diesem Grundrecht, weil „ungehindert“ absolut ist. „Ungehindert“ ist ein absoluter Begriff. Ein bisschen „ungehindert“ geht also nicht, genauso wie „ein bisschen schwanger“ auch nicht geht.
FRIEDA: Aber im Grundgesetz steht doch nicht, dass die ungehinderte Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen auch kostenfrei ist?
Ingmar Vetter: Wenn der Charakter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tatsächlich öffentlich-rechtlich ist, dann handelt es sich um allgemein zugängliche Informationsquellen, weil öffentliches Recht die Allgemeinheit betrifft. Demnach stammen öffentlich-rechtliche Informationen immer aus einer allgemein zugänglichen Quelle. Laut Artikel 20 Abs. 2 GG ist öffentliches Recht immer des Volkes Recht und somit für die Allgemeinheit geltend. Damit sind öffentlich-rechtliche Informationen grundsätzlich der Allgemeinheit zugänglich, sofern sie nicht der Geheimhaltung unterliegen, was bei öffentlich rechtlichen Rundfunksendungen nicht der Fall ist.
Die Inanspruchnahme von Grundrechten ist immer kostenfrei, weil das Grundgesetz keine Grundrechtsgewährungsgebühr kennt. Was das Grundgesetz dem Grundrechtsträger nicht ausdrücklich verbietet, ist immer erlaubt. Was das Grundgesetz dem Staat nicht ausdrücklich erlaubt, ist immer verboten. Die Erhebung einer solchen „Grundrechtsgewährungsgebühr“, wie zum Beispiel der Rundfunkbeitrag, würde demnach in jedem Fall den in Art. 1 Abs. 3 GG verfügten Grundsatz der unmittelbaren Rechtswirkung der Grundrechte und die Bindung der öffentlichen Gewalten an diese aushebeln – unzulässig, also verbotenerweise. Zum Beispiel steht im Grundgesetz auch nirgendwo, dass der Zugang zu Gesetzen kostenpflichtig oder kostenfrei ist; der Zugang zu ihnen ist durch die Systematik des Grundgesetzes und der Grundrechtepartei immer kostenfrei und durch den Staat zu gewährleisten. Unsere rechtswissenschaftliche Expertise zum Thema ist viel ausführlicher und kann eingesehen werden unter: https://rundfunkbeitragsklage.de/expertise
FRIEDA: Wäre es technisch denn möglich, dass die Nutzer der öffentlich rechtlichen Medien für TV- und Hörfunk-Angebote selektiv zahlen?
Ingmar Vetter: Das ist zwar technisch möglich, aber es darf nicht sein, weil der Zugang zu Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen, speziell öffentlich-rechtliche Informationen, immer ungehindert sein muss, während ein Bezahlmodell für öffentlich-rechtliche Sender eine verbotene Hinderung wäre – wie der Rundfunkbeitrag. Ein denkbares Modell wäre zum Beispiel, den öffentlich rechtlichen Rundfunk durch allgemeine Steuern zu finanzieren, aber natürlich nicht durch eine speziell dafür zu erhebende Steuer, sondern durch das bereits vorhandene Steueraufkommen. Das Grundproblem, das wir hier haben, ist, dass es sich beim Rundfunkbeitrag um eine juristisch unzulässige Konstruktion handelt. Das sieht man bereits an der Tatsache, dass das Grundgesetz eben keine Erlaubnis für Rundfunkgebühren beinhaltet; ansonsten wäre doch die Verabschiedung eines solchen Gesetzes für den Bundestag kein Problem. Hier wird etwas vorgegeben, das einer komplexen juristischen Betrachtungsweise bedarf. Aber hier schließen die Ministerpräsidenten der Länder einen Vertrag mit sich selbst und lassen den durch unzulängliche Zustimmungsgesetze in den Landesparlamenten absegnen. Das jedoch ist nicht der Weg der Gesetzgebung. Es sieht aus wie ein Gesetz, aber es ist keines.
Wir haben es beim Rundfunkbeitrag eigentlich mit einer Außerkraftsetzung des Grundgesetzes bzw. eines Grundrechts zu tun. Damit jedoch wird hauptsächlich die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG verletzt, wonach das Prinzip der unmittelbaren Rechtswirkung von Grundrechten und die Unterwerfung der öffentlichen Gewalten unter diese Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG nicht zur Disposition des verfassungsändernden Gesetzgebers steht. Damit verfügt das Grundgesetz die einzelnen Grundrechte in erster Linie als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat und seine Institutionen. Es ist also immer verfassungswidrig, wenn der Staat diese Verfassungswirkung der Grundrechte versucht auszuhebeln – ob mit direkten Sanktionen oder eben mit Gebühren für die Wahrnehmung einzelner Grundrechte.
Die Rundfunkbeitragsklage versucht, das Grundrecht der wirklich ungehinderten Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen bewusst zu machen und verwendet dafür Rechtsmittel, die grundgesetzlich (auch hier wieder als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat) verwendet werden können und die von den einzelnen Bürgern somit auch verwendet werden dürfen. Es gibt auf der Basis des Grundgesetzes also verschiedene Rechtsmittel, um den Staat zum Bekenntnis zum Grundgesetz zu zwingen oder aber dazu, öffentlich bekannt zu geben, dass das GG für staatliche Verfassungsorgane nicht relevant ist. Das Zweite wäre der Verfassungs-Gau. Das GG ist die ranghöchste Rechtsnorm in Deutschland. Die Grundgesetzgarantie des Art. 1 Abs. 3 GG ist die Krone des Grundgesetzes und die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG die Königin der Vorschriften. Alle staatlichen Gewalten sind an die Grundrechte gebunden und diese sind wiederum unmittelbar geltendes Recht. Treibt der Staat quer, kommt der Bürger mit dem Grundgesetz in der Hand und haut ihm damit auf die Finger. Er darf das, denn das Grundgesetz garantiert das. Aber dazu muss der Bürger um seine Grundrechte und deren Funktionen und Wirkweisen auch wissen. Am Grundgesetz geht kein Weg vorbei, außer mit der Außerkraftsetzung der wichtigsten Parameter des Grundgesetzes und durch die Unwissenheit der Bürger.
Die Rundfunkbeitragsklage bedient sich einer juristischen Systematik, welche der Otto Normalbürger nicht versteht, weil er sie nicht gelernt hat, obwohl er der Normadressat ist. Nach Art. 20 Abs. 3 GG sind die staatlichen (öffentlichen) Gewalten an das Grundgesetz gebunden. In dem Zusammenhang ist es also nicht möglich, dass sich, wie geschehen, 16 Ministerpräsidenten zusammensetzen, mit sich selbst einen Vertrag schließen, und den dann durch Zustimmungsgesetze der Landesparlamente zu einem nicht existierenden bundesweit geltenden Gesetz erheben. Denn diese Aufgabe steht ausschließlich dem Bundestag und in gewissem Maße auch dem Bundesrat zu. Hätten die Ministerpräsidenten das Recht, so etwas zu tun, dann müssten sie nicht den Umweg über diesen Staatsvertrag gehen, sondern könnten einfach ein Bundesgesetz erlassen. Die Tatsache, dass sie es nicht tun, heißt dann also, dass sie es nicht dürfen. Diese Zusammenhänge durchblicken aber nur Berufsjuristen oder die, die sich intensiv mit der Materie beschäftigen. Wir fordern deshalb das Bundesverfassungsgericht zur Aussetzung des Rundfunkbeitrages auf, also zu einem Moratorium bis zur abschließenden Klärung der Rechtsfragen. Weiterhin fordern wir die Landesparlamente zur Kündigung des Rundfunkstaatsvertrages auf.
FRIEDA: Nach Art. 17 GG kann sich ja jeder einzeln oder in Gemeinschaft mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen wenden. Sie haben das Rechtsmittel der Petition genutzt, was ein grundgesetzlicher Rechtsweg ist. Art. 17 GG und Art. 19 Abs. 4 GG beinhalten die Grundlage unserer Rechtsmittel gegen den Staat. Darauf basierend nutzen Sie die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel, landläufig als Petition bezeichnet. Auf Ihrer Website sind alle Beschwerden zur Rundfunkbeitragsklage gelistet. Was beinhalten diese Beschwerden konkret? Können Interessierte sich dort noch eintragen und wenn ja, bis wann?
Ingmar Vetter: Wir haben eine Beschwerde zur Aussetzung des Rundfunkbeitrags an das Bundesverfassungsgericht formuliert. Sie hat zum Ziel, wie in der vorherigen Antwort schon erwähnt, dass das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag aussetzt bis zur abschließenden Klärung – obwohl das vom Grundgesetz her bereits geklärt ist. Aber die öffentlichen Gewalten verfahren seit langem nach dem Motto: Solange das von uns besetzte Bundesverfassungsgericht uns nicht auf die Finger haut, ist alles in Ordnung. Das Bundesverfassungsgericht jedoch haut nicht und nichts ist in Ordnung. Der Rundfunkbeitrag ist ein wichtiger Lackmustest für den Zustand der Demokratie.
Die Beschwerden an die Landesparlamente haben wiederum zum Ziel, dass die Parlamente den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag kündigen.
Die Beitrittsmöglichkeiten zum jeweiligen Bundesland der Betroffenen und zum Bundesverfassungsgericht sind auf unserer Internet-Seite zu finden. Jeder hat die Möglichkeit, einerseits die Beschwerde an sein Landesparlament zu zeichnen, also dieser Beschwerde beizutreten, die sich konkret an das Landesparlament richtet, und andererseits kann er der Beschwerde an das Bundesverfassungsgericht beitreten. Zeichnungsfrist ist bis zum 24. September 2017.
FRIEDA: Es eilt also! Warum denn nur bis dann?
Ingmar Vetter: Der Beitritt ist ja bereits seit Februar 2017 möglich. Für den Termin als Ende der Beschwerdefrist entschieden wir uns wegen der Bundestagswahl, weil das ein präsentes Datum für die Leute ist. Eine Woche nach der Bundestagswahl werden die Beschwerden von uns eingereicht. Wir können auch noch 20 Jahre warten, bis auch der letzte der im Grunde fast 80 Millionen Zwangsschuldner sich an der Aktion beteiligt. Die meisten sagen sich, warum soll ich wegen 17 Euro im Monat das Risiko eingehen, mein ganzes restliches Leben zerstören zu lassen?
Man muss sich diese Perversion auf der Zunge zergehen lassen! Wer den Zwangsbeitrag für Staatspropaganda nicht zahlt, kann im Gefängnis landen. Und über die Gesamtschuldnerschaft von miteinander in einer Wohnung lebenden Menschen führen wir die Sippenhaft über die Hintertreppe der Geschichte wieder ein. Kommt uns das nicht bekannt vor?
FRIEDA: Allerdings! Entstehen Kosten für jene, die sich an Ihrer Aktion beteiligen?
Ingmar Vetter: Art. 17 GG (Beschwerderecht) in Verbindung mit Artikel 19 Abs. 4 GG (Rechtsweggarantie) schreibt keine Gebührenerhebung für derartige Rechtsmittel vor, aber wir bitten um geringe Spenden pro Teilnehmer, um die Aktion überhaupt machen zu können. Wir, die Akteure von der Grundrechtepartei, investieren schließlich auch eine Menge Lebens- und Arbeitszeit. Und je mehr Geld wir zur Verfügung haben, desto mehr Handlungsspielraum haben wir auch. Die Resonanz, die sich anhand unserer repräsentativen Umfrage zeigt, bestätigt, dass die überwältigende Mehrheit für die Abschaffung des Rundfunkbeitrages ist. Hätte uns nicht eine (kleine) Menge von Menschen über diese bisher zwei Jahre finanziert, wäre das Projekt nicht einmal begonnen worden. Eine solche Aktion dauert mehrere Jahre, denn mit der Einreichung der Beschwerden ist noch lange nicht Schluss. Schluss ist, wenn letztinstanzlich feststeht: Der Staat steht zum Grundgesetz oder nicht.
FRIEDA: Kooperieren Sie auch mit anderen Organisationen oder Initiativen, die sich für mehr direkte Demokratie einsetzen?
Ingmar Vetter: Nicht aktiv. Das liegt aber nicht an uns. Diese Bündnisse, Organisationen oder Initiativen wollen meist mit uns nicht zusammenarbeiten, weil wir erstens eine in der Öffentlichkeit vergleichsweise unbekannte politische Partei sind und zweitens, weil wir uns strikt an den Wortlaut des Grundgesetzes halten. Wir wollen keine Utopien verwirklichen, sondern auf der Grundlage des Grundgesetzes zeigen, dass die innere Ordnung Deutschlands zulässt, dass wir alle in Glück und Frieden leben können und jeder staatlichen Institution auf die Finger hauen können, die das anders sehen will, weil sie über bewaffnete Polizisten verfügen kann. Das ist legaler politischer Widerstand. Und dazu sind nur wenige wirklich bereit. Politischer Widerstand ist teuer. Kaum einer kann ihn sich leisten, und wer mit staatlichen Fördermitteln versorgt wird, hört schnell auf, Widerstand zu leisten. Siehe unsere politischen Oppositionsparteien.
Unsere Erfahrung ist, dass sich kaum jemand im Detail mit den juristischen Details unserer Gesellschaft auseinandersetzt, obwohl deren innere Ordnung unser Fundament ist. Es soll alles irgendwie gehen, aber wenn es um Einzelheiten geht, nehmen viele Abstand. Herkömmliche Initiativen sind mit Restaurants vergleichbar. Sie bieten einige Fertiggerichte an und suchen Feinschmecker. Wir hingegen bringen den Leuten das Kochen bei! Wir sind aber gern zur Zusammenarbeit mit Menschen und Organisationen bereit, welche das Grundgesetz verteidigen wollen.
FRIEDA: Warum haben all die verschiedenen Initiativen gegen den Rundfunkbeitrag bisher keinen durchschlagenden Erfolg?
Ingmar Vetter: Weil sich die diesbezüglichen Initiativen nicht auf der Basis des Grundgesetzes zusammenschließen. Anstatt zu sagen, wir müssen jetzt gemeinsam mit den Rechtsmitteln des Grundgesetzes dagegen vorgehen, kocht jeder sein eigenes Süppchen und verlangt im Grunde, dass die für den Verfassungsbruch Verantwortlichen bitte damit aufhören sollen.
Das Grundproblem aber ist, dass die einzelnen Bürger sich ihrer Rechte nicht bewusst sind. Grundgesetzschulung in der Schule? Fehlanzeige. Jura ist immer noch ein elitäres Studium, obwohl vor dem Gesetz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG alle Menschen gleich sind. Wenn der Einzelne bei Rot über die Kreuzung fährt, wird er bestraft, ob er das Gesetz kennt oder nicht. Seine Kenntnis wird vorausgesetzt. Kommt aber der gleiche Einzelne mit dem Grundgesetz unterm Arm in eine Behörde und sagt, hier sind meine Rechte, wird ihm gesagt, nehmen Sie sich erst einmal einen Anwalt. Damit wird eigentlich gesagt: Du bist zu blöd, das Gesetz zu kennen, und wir machen, was wir wollen. Das aber ist Amtsmissbrauch in seiner klassischen Form. Im Gegensatz zur Suggestion mancher Tatorte am Sonntagabend jedoch ist der Amtsmissbrauch kein Straftatbestand mehr, seitdem ihn die Nazis 1943 ersatzlos gestrichen haben. Warum er nicht wieder in das Strafgesetz eingeführt worden ist? Fragen Sie die Bundestagsparteien!
Art. 1 Abs. 3 GG (Unmittelbare und damit erlaubnisfreie Rechtswirkung der Grundrechte und Unterwerfung aller öffentlichen Gewalt unter diese Grundrechte) ist der Schlüssel des Grundgesetzes und steht als Grundrechtegarantie weltweit einzigartig da. Aber wenn der Schlüssel nicht verwendet wird, man also auf seine Grundrechte verzichtet, hat man eben auch keine. Die Leute wollen ein fertiges Menü. Sie wollen essen und das schnell und billig, aber nicht kochen lernen. Wenn die Leute selbst nicht verstehen, was ihnen das Grundgesetz eigentlich schenkt und garantiert, verzichten sie freiwillig auf ihre Grundrechte und damit wird das GG als Grundrechtegarant gegenstandslos. Dann kann die öffentliche Gewalt machen, was immer sie will. Solange kein Blut auf den Straßen fließt, scheint alles in Ordnung zu sein. Nicht aber die Öffentliche Gewalt ist in erster Linie zuständig für die Umsetzung des GG, sondern das Volk ist zuständig für dessen kompromisslose Inanspruchnahme. Jeder will immer viel Rechte und das mehr als der Nachbar. Werden diese Rechte von den staatlichen Institutionen jedoch nicht beachtet oder verletzt, glauben viele, das Grundgesetz selbst sei nichts wert. Man deklariert also die Ampel als wertlos, weil einige bei Rot die Straße überqueren. Das ist Unsinn und gefährlich, weil so die Demokratie verletzt oder abgeschafft wird – durch das Volk!
FRIEDA: Was halten Sie von den Aktivitäten des Richters Sprißler am Landgericht Tübingen und seiner Vorlage des Rundfunkbeitrags an den Europäischen Gerichtshof?
Ingmar Vetter: Davon ist gar nichts zu halten, bei allem festzustellenden Jubel über den Richter am Landgericht (Tübingen) Dr. Sprißler. Warum nicht? Ganz einfach aus dem Grunde, dass es hier keiner Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf. Dazu muss man wissen, wie die sogenannte ordentliche Gerichtsbarkeit funktioniert: Das Gerichtsverfassungsgesetz weist den ordentlichen Gerichten (Amtsgerichte, Landgerichte) ausschließlich bürgerliche Streitigkeiten und Strafsachen zu. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch wollen öffentlich-rechtlich sein und müssen auch vor den Verwaltungsgerichten verklagt werden in Bezug auf den Rundfunkbeitrag. Ihre Beiträge jedoch lassen sie meistens zwangsvollstrecken von der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf der Grundlage der Zivilprozessordnung. Diese jedoch erteilt keine gesetzliche Erlaubnis zur Zwangsvollstreckung von öffentlichen Forderungen. Der Richter am Landgericht Sprißler hätte bloß feststellen müssen, dass die ordentliche Gerichtsbarkeit gemäß Gerichtsverfassungsgesetz (§ 13 GVG) sachlich nicht zuständig ist für derartige Zwangsvollstreckungen von öffentlich-rechtlichen Forderungen. Ob die verschiedenen Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder da etwas anderes bestimmen wollen, ist unerheblich, denn gemäß Art. 31 bricht Bundesrecht jedes Landesrecht. Das wäre eine echte Revolution gegen den Rundfunkbeitrag, denn damit wären über 90 Prozent aller Zwangsvollstreckungen erledigt. Das ist jetzt etwas vereinfacht erklärt, aber grundsätzlich von den gesetzlichen Möglichkeiten her korrekt.
Und dass wir damit richtig liegen, ist bewiesen durch die Tatsache, dass unsere diesbezüglichen Musterschreiben für entsprechende Beschwerden einfach nicht bearbeitet werden. Sie müssten jedoch bearbeitet werden, auch wenn sie fehlerhaft wären. Dann müsste das angerufene Gericht eben mit dem Inhalt der Gesetze nach der Normenhierarchie vom Grundgesetz her abwärts begründen, warum das falsch wäre. Sie machen aber nichts. Sie schreiben den Beschwerdeführern: Wenn Sie nicht das (unzulässige) Rechtsmittel gemäß Zivilprozessordnung einlegen, legen wir Ihre Beschwerde ohne Beschluss zu den Akten. Das jedoch ist nicht die Aufgabe der Rechtsprechung. Diese muss immer einen rechtsmittelfähigen Beschluss oder ein rechtsmittelfähiges Urteil erlassen, wenn sie gegen die öffentlichen Gewalten angerufen wird. Das verfügt das Grundgesetz.
Wir haben im Grunde in den letzten beiden Jahren den absoluten Zusammenbruch der inneren Ordnung des Staates live miterleben können – gerichtsfest beweisbar durch Akten. Aber wo kein Richter, da kein Kläger.
Insofern ist der Titel des Interviews „Machtdemonstration auf Kosten des Volkes“ korrekt, bedarf aber der Zusätze „verfassungswidrig“ und „von den Bürgern geduldet“.
FRIEDA: Der Countdown für die Bundestagswahlen 2017 läuft. Wie lautet Ihr Appell an das Volk?
Ingmar Vetter: Das Volk muss verstehen, dass die Wahlgesetze in der Bundesrepublik Deutschland freie demokratische Wahlen und damit echte Demokratie verhindern. Die Wahlgesetze sind so gestrickt, dass die herrschenden Parteien darüber bestimmen, wer zum Wettkampf um ihre Ablösung antreten darf. Und damit ist eigentlich alles gesagt. Der Grundsatz einer demokratischen Wahl ist die Möglichkeit der Abwahl der Regierung und laut dem Grundgesetz besteht diese Möglichkeit. Unsere einfachen Wahlgesetze sind jedoch so, dass die Regierung entscheidet, wer sie abwählen darf. Und deshalb boykottieren wir auch die Bundestagswahl. Die Zweitstimmen sind vom Grundgesetz her nicht zulässig.
Viele sagen dann zwar ‚Ja, wenn ich nicht zur Wahl gehe, dann kommt meine Stimme denen zugute, die ich nicht will. Es gibt ja keine Mindestwahlbeteiligung. Je weniger zur Wahl gehen, desto mehr Prozente haben die etablierten Parteien.‘
Das ist jedoch nur das mittelbare Problem. Ob ich wählen gehe oder nicht: Die Wahlgesetze sind immer so gestrickt, dass die Stimmen des Wählers keinen wirklichen Einfluss haben, weil die, die abgewählt werden sollen, selbst darüber bestimmen, ob sie abgewählt werden und das hat mit Demokratie nichts zu tun. Das heißt, wenn die Regierung darüber bestimmt, ob sie abgewählt wird oder nicht, dann handelt es sich nicht um eine Demokratie! Das ist so, als wenn der Koch sagt: ‚Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt! Ob du das isst oder nicht, ist egal! Bezahlen musst du trotzdem!‘
Informationen zur Bundestagswahlbeschwerde gibt es hier:
https://bundestagswahlbeschwerde.de
Dieses Musterschreiben kann verwendet werden zur Beantragung der Anordnung des Ruhens von Verwaltungsvollstreckungsverfahren zur Zwangsbeitreibung von Rundfunkbeiträgen. Es ist zu richten an die
zuständige Rundfunkanstalt:
https://rundfunkbeitragsklage.de/musterschreiben-rundfunkbeitrag-ruhen-verwaltungsvolltsreckungsverfahren-vorlage-eugh-lgtuebingen/
FRIEDA: Vielen Dank für das Interview!
Titelbild: Collage / Dieb Pixabay / Logo Beitragsservice des öffentliche rechtlichen Rundfunks
Quelle: frieda-online.de