Von Tischbeinahe - Eigenes Werk, CC BY 3.0, Link

Merkel will Jamaika mit der Brechstange

Bisher hatte sich die Kanz­lerin in den so genannten Jamaika-Ver­hand­lungen aufs Mode­rieren beschränkt. Aber es lief diesmal nicht alles so glatt, wie sie es von anderen Koali­tions-Ver­hand­lungen gewohnt war. Zu weit liegen ihre Koali­ti­ons­partner mit dem, was sie im Wahl­kampf ver­kündet haben, aus­ein­ander. Der Unmut über die Unter­händler, die sich viel zu oft auf dem Balkon foto­gra­fieren ließen, ohne Ergeb­nisse vor­weisen zu können, wuchs. Den Jungen in der CSU platzte der Kragen und sie for­derten von Horst See­hofer, der immer wieder als Merkels Bett­vor­leger gelandet war, statt vor­geblich zu ver­suchen, CSU-Posi­tionen durch­zu­setzen, endlich Kon­se­quenzen zu ziehen und glaub­wür­di­geren Leuten Platz zu machen.ca

Christian Lindner wurde von den vielen salti mortali, die er während der Son­die­rungen schon absol­vieren musste, am Ende so schwindlig, dass er anfing, Neu­wahlen für eine Option zu halten.

Nun hat Merkel selbst die Reiß­leine gezogen, nachdem die Warnung ihres Sprach­rohrs, Schleswig-Hol­steins Minis­ter­prä­sident Daniel Günther (CDU), nahezu ungehört ver­hallte. Aus­ge­rechnet an seine eigene Partei hatte Günther appel­liert, in den Gesprächen offener für Kom­pro­misse zu sein. Neu­wahlen seien „ein Signal der Hand­lungs­un­fä­higkeit demo­kra­tisch gewählter Par­teien und ein Nähr­boden für Extremisten“.

Das war einfach lächerlich. Die CDU kann gar nicht offen für Kom­pro­misse sein, weil sie kei­nerlei Posi­tionen mehr hat, die sie zu ver­tei­digen bereit ist. An die Grünen durfte sich Günther offen­sichtlich nicht wenden, denn ihre Hand­schrift soll am Ende bestimmend für den Koali­ti­ons­vertrag sein. Von der FDP wird nur erwartet, sich ihrer „staats­bür­ger­lichen Ver­ant­wortung“ bewusst zu sein, das heißt, jede Kröte zu schlucken, die ihr von Merkel-Grün ser­viert wird. Das wäre für die FDP der Todeskuss. Aber die Partei hat schon einmal den Kotau gemacht, warum nicht auch noch ein zweites Mal?

Jeden­falls hat die Kanz­lerin jetzt klar gemacht, was sie erwartet. Ihr Befehl per Facebook lautet: Am Mon­tag­abend wird sie mit den Ver­hand­lungs­führern die Schwer­punkte fest­legen, die noch geklärt werden müssen. „Wir wollen auch die Knack­punkte jetzt schon her­aus­ar­beiten.“ Dies werde bis Ende dieser oder Anfang nächster Woche geschehen. „Und dann geht es in die End­runde, denn am Don­nerstag, dem 16. November, wollen wir fertig sein mit allem. Und da steht noch viel Arbeit an.“

Immer wenn Merkel damit droht, zu arbeiten, wird es gefährlich. Es sollen offenbar auf Biegen und Brechen alle Dif­fe­renzen unter den Teppich gekehrt werden. Angeblich wollten die Wähler eine „stabile Regierung“.

Nein, die Wähler wollen vor allem ein Ende des Asyl­chaos. Sie wollen eine Rückkehr zur Geset­zes­treue und stabile rechts­staat­liche Ver­hält­nisse. Sie wollen sich wieder sorglos im öffent­lichen Raum bewegen können und wieder eine solide Finanz­po­litik, die diese Bezeichnung auch ver­dient, anstatt unsere Steu­er­mil­li­arden für die­je­nigen zu ver­schleudern, die unser Land bis zur Unkennt­lichkeit ver­ändern werden. Sie wollen Poli­tiker, die ihre Aufgabe ernst nehmen, statt Poli­tik­dar­steller, die außer twittern nichts mehr können.

Merkel will ihre vierte Amts­pe­riode um jeden Preis, außer dem, dass sie tat­sächlich ihren Amtseid ernst nimmt. Dieser Eid lautet:

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deut­schen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grund­gesetz und die Gesetze des Bundes wahren und ver­tei­digen, meine Pflichten gewis­senhaft erfüllen und Gerech­tigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe“.

Vera Lengsfeld / vera-lengsfeld.de