Die Befreiung von Staats- und Obrigkeitshörigkeit

Warum aber haben sozia­lis­tische oder inter­ven­tio­nis­tische Expe­ri­mente auch heute noch so viele Anhänger? Bei den Deut­schen, mir ihrer sehr aus­ge­prägten Staats­gläu­bigkeit und Obrig­keits­hö­rigkeit, fallen solche Ideen offenbar auf besonders frucht­baren Boden und die wenigsten haben erkannt, dass Sozia­lismus schon in der Theorie gar nicht funk­tio­nieren kann, meint Markus Ross.
Am Anfang steht die Erkenntnis.
Die Deut­schen sollten sich dringend über die aktuelle Lage infor­mieren und dabei auch darüber nach­denken, welchem Wirt­schafts­system wir den heu­tigen Wohl­stand zu ver­danken haben.
Men­schen mit öko­no­mi­schen Sach­ver­stand— und das war zu seiner Zeit auch Karl Marx — waren und sind sich einig, dass der enorme Wohl­stands­zu­wachs seit dem 17. und 18. Jahr­hundert aus­schliesslich durch den Frei­heits­ge­danken des Libe­ra­lismus und dem damit not­wendig bedingten Wirt­schafts­system des Kapi­ta­lismus erreicht werden konnte.
Den Grossteil der Mensch­heits­ge­schichte konnte der Ein­zelne seine Ziele nicht in Eigen­ver­ant­wortung ver­folgen. Monopole und Verbote bestimmten das Leben. Wenige waren reich, in der Regel Fürsten und Aris­to­kraten. Alle anderen arm. Meistens sogar sehr arm. Im 17. Jahr­hundert erkämpften sich die Men­schen in England, Holland und Italien, aber auch in reichs­freien deut­schen Städten, Selbst­be­stimmung und Freiheit. Und es zeigte sich schnell, dass dieses liberale, dieses frei­heit­liche System dem bis­he­rigen der Zwangs­wirt­schaft weit über­legen war. Der Wohl­stand stieg rasant an, relativ vor allem bei den ärmsten Bevölkerungsschichten.
Diese neue poli­tische Phi­lo­sophie der Freiheit führte auch zu dras­ti­schen Ände­rungen im gesell­schaft­lichen und wirt­schaft­lichen Leben der Men­schen, Knecht­schaft und Skla­verei wurden abge­schafft. Durch die Ein­führung der Mas­sen­pro­duktion der „Indus­trielle Revo­lution“ stieg der Lebens­standard dra­ma­tisch, auch die Lebens­er­wartung, sowie die Bevöl­ke­rungs­zahlen, da jetzt deutlich mehr Men­schen besser ernährt werden konnten als vorher.
Das ver­blüffend ein­fache und wir­kungs­volle Prinzip des Libe­ra­lismus ist, dass der freie Markt, die indi­vi­du­ellen Teil­nehmer am Wirt­schafts­kreislauf selbst und eigen­ver­ant­wortlich ent­scheiden, was für Güter und Leis­tungen pro­du­ziert werden und wer, was wann nach­fragen möchte. Der Kon­sument kennt seine Bedürf­nisse selbst am besten und die vielen ein­zelnen Unter­nehmer ver­suchen, die Wünsche der Kon­su­menten best­möglich zu erkennen, um geschäft­lichen Erfolg zu haben.
Freiheit ist aller­dings vielen ein Dorn im Auge. Zunächst waren es unter anderem die Fürsten, die viele ihrer Pri­vi­legien ver­loren hatten, aber auch viele andere Inter­es­sen­gruppen, ein­schließlich der Gewerk­schaften, die ver­suchten Son­der­in­ter­essen auf Kosten der All­ge­meinheit durchzusetzen.
Sozia­lis­tische Ideen – die auf den ersten Blick auch sehr sym­pa­thisch wirken mit ihren Schlag­worten Gleichheit, Gerech­tigkeit, Soli­da­rität bis hin zu Glück und Selbst­ver­wirk­li­chung – ver­brei­teten sich rasend schnell und ver­drängten zunehmend den Libe­ra­lismus. Die meisten Leute erkannten nicht, wem sie ihren (rela­tiven) Wohl­stand zu ver­danken hatten.
Eine zen­trale Planung (Führer oder Füh­rungs­einheit) kann aber niemals wissen, wer, wann und wo welche Bedürf­nisse haben wird und noch weniger wie diese Bedürf­nisse am effi­zi­en­testen befriedigt werden sollen.
Ludwig von Mises, der Mit­be­gründer der Öster­rei­chi­schen Wirt­schafts­schule, hat logisch zwingend dar­gelegt, dass die Ideo­logie des Sozia­lismus auf völlig fal­schen Annahmen beruht und in der Rea­lität nicht erfolg­reich prak­ti­ziert werden kann. Die wesent­lichen Grund­an­nahmen, auf denen das Modell des Sozia­lismus beruht, sind ein­deutig falsch. Ohne in Details zu gehen und in aller Kürze: der Kapi­ta­lismus hat erkennbar nicht zur Ver­elendung der Massen geführt, wie von Karl Marx pro­gnos­ti­ziert (die meisten Men­schen heute haben deutlich mehr Wohl­stand als noch vor 200 oder 300 Jahren) und die Natur stellt auch nicht von sich aus und ohne dass der Mensch und die Wirt­schaft etwas pro­du­zieren genug Güter zur Ver­fügung, dass alle gut leben können, und auch im Arbei­ter­pa­radies des Sozia­lismus haben die Men­schen nicht unbe­dingt den reinen Spaß an der Arbeit und setzen ent­spre­chend auch nicht ihre ganze Arbeits­kraft ohne Unterlass für das Gemeinwohl ein.
Mises‘ Gegen­entwurf einer libe­ralen Gesell­schaft sieht so aus: „Pri­vat­ei­gentum und auf Arbeits­teilung auf­bau­ender wech­sel­seitig vor­teil­hafter Tausch als Grund­lagen von Moral und wirt­schaft­lichem Wohl­stand; eine Regierung, deren aus­schließ­liche Funktion die Sicherung und Durch­setzung dieser pri­vaten Eigen­tums­rechte und der aus ihnen resul­tie­renden Markt­wirt­schaft ist.“ (Libe­ra­lismus, Ludwig von Mises, Aca­demia Verlag, ISBN 978–3‑89665–385‑7)
Wie Ludwig von Mises ganz klar weiter belegt, sind auch „inter­ven­tio­nis­tische“ Systeme mit­tel­fristig aus den­selben Gründen zum Scheitern ver­ur­teilt, wie der Sozialismus.
Und Deutschland mit seiner hohen Staats­quote, der wach­senden Abga­benlast, seinen Sub­ven­tionen, Min­dest­löhnen und seiner Rege­lungswut ist ein zunehmend inter­ven­tio­nis­ti­sches System.
Bei inter­ven­tio­nis­ti­schen Sys­temen besteht zwar noch Son­der­ei­gentum an den Pro­duk­ti­ons­mitteln, der Staat greift aber stark „regelnd“ in den Wirt­schafts­kreislauf ein. Eine zen­trale, staat­liche Pla­nungs- und Ent­schei­dungs­einheit ist aber – wie auch bei den sozia­lis­ti­schen Sys­temen – nicht in der Lage, dau­erhaft und lang­fristig die rich­tigen und für ein Fort­kommen der Menschheit und für eine erfolg­reiche Wirt­schafts­ent­wicklung erfor­der­lichen Ent­schei­dungen zu treffen.
Wer soll diese angeblich „all­wis­sende“ und „geniale“ staat­liche Ent­schei­dungs­in­stanz dar­stellen, zusam­men­stellen oder kontrollieren?
Angela Merkel? Heiko Maas? Ursula von der Leyen?
Alles Spit­zen­po­li­tiker, die schon in ihren Teil­be­reichen eine eher kata­stro­phale Ent­schei­dungs­bilanz vor­zu­weisen haben und wohl kaum in der Lage sein dürften, in genialer Weise eine alle wirt­schaft­lichen und gesell­schaft­lichen Bereiche umfas­sende Plan­wirt­schaft erfolg­reich umzusetzen
Dass alle sozia­lis­ti­schen Expe­ri­mente grandios scheitern, ist keine Theorie, sondern bittere Rea­lität. Aktu­elles trau­riges Bei­spiel ist Vene­zuela, ein roh­stoff­reiches Land, bei dem heute nach einigen Jahren sozia­lis­ti­scher Expe­ri­mente große Teile der Bevöl­kerung hungern und noch nicht mal mehr aus­rei­chend medi­zi­nisch ver­sorgt sind.
Und obwohl die Deut­schen mit der DDR eines der geschei­terten sozia­lis­ti­schen Expe­ri­mente quasi am eigenen Leib erfahren haben, expe­ri­men­tieren sie – ver­stärkt noch in den letzten 12 Jahren unter der Kanz­ler­schaft der aus dem sozia­lis­ti­schen DDR-Staat stam­menden Angela Merkel – mit einem immer stärker inter­ven­tio­nis­tisch agie­renden Staat.
Steuern und Abgaben und Staats­quote steigen mehr oder weniger kon­stant. Der „all­wis­sende“ Staat bezie­hungs­weise die poli­ti­schen Par­teien, die ihn kon­trol­lieren, denken inzwi­schen auch schon über Vor­schriften nach, was die Bürger essen dürfen oder sollen, welche Autos sie fahren dürfen, wie die Energie gewonnen wird, wieviel deut­sches Steu­ergeld Bürgern anderer Länder geschenkt wird und sie ent­scheiden auch recht will­kürlich, ob und auf wen gel­tendes deut­sches Recht ange­wandt wird.
Eine Wirt­schaft kann aber nur best­möglich gedeihen, wenn zum einen wei­test­ge­hende Freiheit der wirt­schaftlich agie­renden Indi­viduen gegeben ist, auf der anderen Seite der Staat seinen urei­gensten und wich­tigsten Pflichten unein­ge­schränkt und effektiv nach­kommt: der Gewähr­leistung der inneren und äußeren Sicherheit (Polizei und Militär), Schutz des Pri­vat­ei­gentums (auch Spar­ver­mögen, Renten….) und der Bereit­stellung eines ordent­lichen Rechts­systems (unbe­ar­beitete Fälle bei Staats­an­walt­schaften und Gerichten) und einer effi­zi­enten Ver­waltung (z.B. BAMF).
Unter der aktu­ellen poli­ti­schen Füh­rungs­riege ver­schlechtert sich der deutsche Staat aktuell bei allen vor­ge­nannten Punkten – und das leider massiv.
Der immer weiter aus­ufernde Wohl­fahrts­staat – hohe Abgaben, große Umver­teilung durch den Staats- und Beam­ten­ap­parat – ist wachs­tums­hemmend und wird zwangs­läufig über die Zeit zu einem relativ nied­ri­geren Wohl­stands­niveau führen, als wenn die Pro­duk­tiv­kräfte – ohne schäd­lichen Ein­fluss des Staates – zum Wohle aller best­möglich ein­ge­setzt würden.
Das all­ge­meine Wohl­stands­niveau, der Lebens­standard, kann nur wachsen, wenn die Kapi­tal­ak­ku­mu­lation (Sparen und Inves­tition) und damit die Höhe an inves­tiertem Kapital pro Kopf wächst. Wenn der Staat über Umver­teilung dafür sorgt, dass not­wendige oder ansonsten geplante Inves­ti­tionen nicht mehr vor­ge­nommen werden, redu­ziert das in der Folge das Wohl­stands­niveau ins­gesamt, was für die untersten Ein­kom­mens­schichten am spür­barsten und schäd­lichsten ist.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, erlaubt die deutsche Regierung seit dem Jahr 2015 eine mehr oder weniger unge­hin­derte Zuwan­derung in unsere Sozi­al­systeme. Unser Staat ver­stößt damit gegen die ele­men­tarsten Erkennt­nisse: Wohl­fahrts­staat und offene Grenzen sind auf keinen Fall ver­einbar, weil kein Sozi­al­system der Welt dieser Belastung auf längere Sicht stand­halten kann.
Warum aber haben sozia­lis­tische oder inter­ven­tio­nis­tische Expe­ri­mente auch heute noch so viele Anhänger?
Zum einen ist der sozia­lis­tische Grund­ge­danke mit der Gleichheit der Men­schen und einem Staat, der alles regelt und für alle sorgt, vor­der­gründig durchaus sympathisch.
Bei den Deut­schen, mir ihrer sehr aus­ge­prägten Staats­gläu­bigkeit und Obrig­keits­hö­rigkeit, fallen solche Ideen offenbar auf besonders frucht­baren Boden und die wenigsten haben erkannt, dass Sozia­lismus schon in der Theorie gar nicht funk­tio­nieren kann.
Auch Adolf Hitler war im übrigen ein Sozialist, wenn auch ein „National“-Sozialist. Den Deut­schen gefielen damals die sozia­lis­ti­schen oder kom­mu­nis­ti­schen Ideen so gut, dass die weit über­wie­gende Mehrheit der Deut­schen für Sozia­listen, Kom­mu­nisten oder National-Sozia­listen stimmten – und offen­sichtlich auch heute leider noch mit sozia­lis­ti­schen Ideen liebäugeln.
Noch nie in der deut­schen Geschichte – abge­sehen von dem grau­en­haften Nazi-Regime Adolf Hitlers – wurde das Land so schlecht regiert und vor allen Dingen fast aus­nahmslos von Per­sonen, die ganz offen­sichtlich nicht zu den Besten des Landes gehören oder auch nur ansatz­weise für Regie­rungs­ge­schäfte oder Füh­rungs­auf­gaben qua­li­fi­ziert sind.
Wer kann bei diesem Per­sonal glauben, dass unser Staat in guten Händen ist?
Hier und jetzt bietet sich somit– beim unge­trübten Blick auf die aktuelle Riege unserer Bun­des­mi­nister und der Schäden, die die Regierung Merkel in den letzten 12 Jahre ange­richtet hat – eine gute Gele­genheit für die Deut­schen, sich von ihrem Sicher­heits­denken und ihrer Staats­gläu­bigkeit zu befreien, selbst wieder Ver­ant­wortung zu über­nehmen, sich von allen unnö­tigen staat­lichen Ein­griffen und Vor­gaben zu befreien und darauf hin­zu­wirken, dass der Staat seine inter­ven­tio­nis­ti­schen Expe­ri­mente zurückführt.
Sobald eine erkennbare Mehrheit der Men­schen nach einer ver­nünf­tigen Wirt­schafts- und Gesell­schafts­po­litik ver­langt, werden sich auch Par­teien finden, die diesen Wäh­ler­willen umzu­setzen bereit sind.
 


Markus Ross für TheEuropean.de